Volltext: Der Spaßvogel 1933 (1933)

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Wartezimmer. 
Wiener Skizze von Waͤthilde Herr. 
Nachdruck verboten! 
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rau Pitschke kraxelte mühselig den er— 
D sten Stock hinauf zum Krankenkas— 
N senarzt. Und ein Gekrächze und Ge— 
tue war das! Ja halt die Füaß! 
Esss war kein Weiterkommen! Und natür— 
sich waren alle Sessel und Bänke schon 
befetzt im Wartezimmer als sie hereinhum— 
pelte und natürlich fiel es niemand ein ihr 
Platz zu machen, wo sie doch wehe Füaß 
hatte und gewissermaßen hier schon Stamm⸗ 
gast war. 
Da saß so ein zausiger Schusterbub 
und glotzte sie mit frechen Augen an und 
nicht gerade freundlich benzte sie ihn an: 
„Jmein', dir tatert das Steh'n auch bes— 
fer wia mir! Siehst net, daß i ein altes 
Leut bin? Laß' mi niedersetzen!“ 
UUnwillig schüttelte der seinen starren 
Haarschopf und stand auf: „Nu ja, wenn 
* haben Sulzfüß, da, setzen's ihnen halt 
er — 
„Was? Sulzfüaß sagst, Lausbua, mi— 
serabler?“ Frau Pitschke hob den Stock, 
e grinsend schlüpfte der Bengel in eine 
e. 
„Das is a Nachwuchs!“ sagte kopf—s 
schüttelnd ein alter Mann und rückte auf 
die Seite, um Frau Pitschke mehr Platz 
zu machen. Diese quetschte sich umständ— 
lich auf das freie Stückchen Bank. 
„Net wahr? Das is a Erziehung! 
Laute Bolleschisten (Bolschewiken) werden 
jetzt großgezogen! — Aber was fehlt Ihna 
denn?“ fragte sie teilnehmend, da der Mann 
gar so schmerzlich das Gesicht verzog und 
sich die Knie rieb. 
„Ah, was weiß it Schon vier Wochen 
ziach i umanand. Einmal sticht's mi im 
Kreuz, dann druckt's mi auf der Brust, 
dann zwickt's mi wieder im Bauch und 
jetzt tan mir wieder alle Baner wehl!“ 
„Nau und was sagt denn der Doktor?“ 
„Ach mein Gott, der verschreibt mir 
um ein paar Groschen a Fenichlwasser und 
i kann wieder geh'n. Wann er mi amol 
gründli anschaun tat!“ 
„Sie! Fuͤr ihre Krankheit ist der Dok— 
tor nixt“ entschied Frau Pitschke. „Glau— 
ben Ss mir's, i bin an kranke Person 
und kenn die Doktoren weit und breit. 
Auf der Alserstraßen, da is a Doktor, sie 
Herr! der nimmt's genau! Da müssen's 
shna ganz nackert ausziag'n und literweis 
verschreibt er ihnen die Medizin. J. war 
erscht unlängst durt. J leid' nämlich an 
dem Nämlichen wia sie und wissen's was 
er mir geben hat?“ 
„Nau?“ fragte der Wann. 
Aber da öffnete sich die Türe vom 
Ordinationszimmer und da an ihn die 
Reihe kam, konnte er zum Leidwesen der 
Frau Pitschke nicht mehr hören, wieviel 
Liter Medizin ihr verschrieben wurden. 
Der Patient, der soeben vom Doktor 
herauskam, blieb inmitten des Wartezim— 
mers stehen und sah sich suchend um. 
„Die Frau Pitschke such' il“ 
„Die bin i! Was wollen's denn?“ 
3372 Ah, i, nixt Aber der Herr Dok—⸗ 
tor hat g'sagt, die Frau Pitschke, die man 
von alle außa hört, soll net schon wieda 
so an Wirbel machen!“ 
„Was? I?7 J red' ja überhaups nix!t“ 
Und erbost fuchtelte die so ungerecht Be— 
schuldigte mit den Händen in der Luft 
herum. — 
„Au weh!“ schrie ihre Nachbarin und 
stöhnte und lamentierte. 
„Jessas! Hab' i'“ Ihna weh tan?“ 
5 hab! alle Zähnt g'schwürig und sie 
stoßen mi mit dem Ellbogen eini!“ wim— 
merte diese aus ihren Bandagen und Tü— 
cheln und Schals. U 
„Bitt' ihna, san's nit harb, aber i 
hab's nit gern tan! Nau, und was mächt 
ihna denn der Doktor? Alle Zähnt rei— 
ßen?“ — I 
„Glauben's, wird er mir's reißen?“ 
fragte diese angstgeschüttelt.
	        
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