Volltext: Der Spaßvogel 1932 (1932)

Martin, hat herausgebracht, daß er, trotz— 
dem er, nicht an der, Reihe ist, Aussicht 
hat, mit seinem Gesuch durchzudringen. 
Da gibt's nichts als gleich morgen, nach 
Kozu fahren und beim Herrn Land— 
gerichtspräsidenten in der Sache vorstellig 
zu werden. I 
Sch tu! ganz erschrocken. Es wär; mir 
ja auch wirklich nicht einerlei, noch Jange 
warten zu müssen und dann wvielleicht 
statt nach K. . . wo Ernsts Schwester schon 
eine Wohnung für uns hereit hat, in 
wer weiß was für ein Nest zu kommen. 
„Fahr' lieber heut' noch,“ Jag' ich 
und füge mitleidig hinzu: „morgen mußt' 
Du so früh heraus“· 
In Wirklichkeit ist das mir noch ein 
besonderer Spaß. Ernst liebt es, in den 
Tag hineinzuschlafen. Aber er bleibt da— 
bei: morgen früh. . 
Ich will ihn natürlich nicht abfahren 
lassen, ich seh“‘ mich schon im, Augenblick, 
' dem der Zug einfährt, ihm an, den 
Hals fliegen: „April! April!“ Mein Bräu— 
sgam ist unrühig und geht bald fort. Er 
—— 
käm später noch einmal zurück. Statt sei— 
ner kommt aber nach einer Stunde das 
Dienstmädchen seiner Mutter: ich möchte 
entschuldigen, der junge Herr sei heute 
noch mit dem letzten Zuge abgereist. Ich 
wüßte schon, wohin. 
Nun wird mir aber schwül. Einen 
dunkelroten Kopf krieg'“ ich vor Augst, 
was ich da angerührt habe. Der Ernst 
darf doch nicht wirklich zum Landgerichts— 
präsidenten. Telegraphieren, telephonieren? 
— kann ich nicht. Ich hab' doch keine 
Ahnung, wo ich ihn suchen soll. Seine 
Schwester ist verreist und kommt, das 
weiß ich hestimmt, erst morgen Zurüchk. 
Was mach' ich nur? Mein Vater, der mir 
vielleicht raten könnte, ist nicht daheim, 
meine Mutter weiß sicher erst recht keinen 
Rat. Ich lauf' in Eile noch einmal zum 
Vetter Martin und klag' dem meine Not. 
Er schüttelt ärgerlich den Kopf. „Du hät— 
test ihn natürlich nicht fahren lassen dür— 
fen“ sagte er,“ „das ist jetzt eine böse 
Geschichte! Muß, ich mich aber auch ver— 
leiten lassen, auf Deine närrischen Pläne 
einzugehen. Solche Sachen darf man halt 
nicht machen. Ich weiß Dir nichts an— 
deres, als Du- fährst morgen mit dem 
ersten Zuge deinem Ernst nach in die 
Stadt. Vor 11, Uhr, kann er nicht gut 
beim Landgerichtspraͤsidenten antreten, bis 
dahin bist Du dort. Du stellst Dich vor's 
Landgerichtsgebäude und fängst ihn ab.“ 
„Martin,“ sag!, ich schüchtern, „kannst 
Du nicht für mich hinfahren?“ Der Vetter 
chüttelt den Kopf. „Ich habe, morgen 
Sitzung, ich kann unmöglich fort.“ 
Es bleibt mir nichts übrig, ich muß 
n den sauren Apfel beißen. In der Nacht 
ann ich vor Angst, die Zeit zu verschla— 
en, kein Auge zutun. Lange vor Abgang 
des Zuges bin ich schon am Bahnhofe 
ind drücke mich in den Ecken herum, in 
Furcht, es möchte irgend ein Bekannter 
daherkommen und fragen, wo ich hinfahre. 
Hott sei Dank, jetzt bin ich im Zug! 
And endlich bin ich guch in K. Ich 
reiße nervös an der Wagentür, die sich 
nicht öffnen lassen will. Da werden meine 
Augen groß. Aus dem Wagen neben mir 
teigt mein Bräutigam und lacht mit dem 
Janzen Gesicht. „Ei, Elsbeth, wie kommst 
Du jetzt daher? Hast Du so weit in den 
April fahren müssen?“ — Er lacht und 
acht und es kommt denn heraus, daß 
ex, richtig mich wieder in den April ge— 
chickt hat. 
„Ich hatte nicht wenig Angst, Du 
nöchtest mich einsteigen sehen,“ lacht er, 
dann, wäre der Spaß nur halb gewesen. 
du bist aber so verschüchtert in den erst— 
esten Wagen gekrochen und hast gar nicht 
gewagt, aus dem Fenster zu sehen.“ 
.Er zog ein Papier heraus. „Die An— 
tellung hab' ich auch schon in, der Tasche. 
Ich wollte es Dir gestern schon sagen. 
Aber“ — er schmunzelte — „weil ich 
dann, so schnell zum Vetter mußte. — 
lebrigens, nun wir doch einmal hier sind, 
önnen wir gleich zusammen zu meiner 
Schwester gehen und mit der Wohnung 
alles in Ordnung machen.“ 
Ich ergeb' mich. Der Tag und be— 
onders die gemeinsame Heimfahrt sind 
dann wirklich schön. Mein Bräutigam hat 
nich zwar fortwährend geneckt, ich konnte 
nich aber, nicht darüber ärgern. Nur das 
ag“, ich immer wieder: meiner Lebtage 
—VV000— 
ꝛin Amtsrichter ist. 
Ich weiß nicht, hab! ich das laut ge— 
dacht oder kann, mein Ernst Gedanken le— 
sen. „Ja, glaubst Du denn, daß ich hin— 
gefahren wäre, wenn mir's der Vetter 
auch nicht verraten hätte?“ fragte er ver— 
gnügt. Nanu,“ sag ich, „ich will heut 
nicht streiten, ich bin viel zu froh, daß 
alles so abgegangen ist. Aber, Ernst freu 
Dich, nächstes Jahr kannst Du Dir alück— 
wünschen!“
	        
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