Volltext: Der Spaßvogel 1932 (1932)

Der Punschfreund. 
Von F. Freinberger. 
songtan Magenwärmer ist ein Mann des 
Geistes. Des Geistes, der in verdichteter 
und flüssiger Form das Denken belebt 
und die srohe Laune weckt. Namentlich 
Weinbrand und Rum sind es, für die 
sich Magenwärmer immer wieder beson⸗ 
ders erwärmt. Weinbrand und Rum aber 
ergeben in einer Mischung und Zusammen⸗ 
setzung, die nur Jonathan allein kennt, einen 
köstlichen Punsch. 
Als Freund des Punsches ist Magen— 
wärmer ununterbrochen auf dem Wege, um 
sich ausgiebig mit den notwendigen Bestand— 
leilen für sein Lieblingsgetränk zu versor⸗ 
gen. Er hat sich für diesen Zweck ein eige— 
es Verfaähren zurechtgelegt, daß sich lange 
Zeit vortrefflich bewährte, zuletzt aber doch 
einmal einen Versager brachte. 
In die Schenke Ecke Antonstraße tritt 
an einem Vormittag Jonathan in den La— 
den, öffnet eine feine Ledertasche, bringt eine 
gFrüne Flasche zum Vorschein und sagt zur 
Verkäuferin: „Bitte, füllen Sie mir diese 
Flasche mit Weinbrand an. Die Flasche faßt 
einen Liter.“ 
Magenwärmer bringt dann die gefüllte 
Flasche mit viel Liebe und Sorgfalt wieder 
in feiner Tasche unter, fragt nach dem 
Preis und legt eine Banknote auf 
den Tisch. 
Wrerzeihen“, bemerkt die Verkäuferin 
und schiebt‘ das Geld wieder zurück, „haben 
Sie sich diese Note gut angesehen?“ 
Nun, was soll ich mir jeden, Geld— 
scheiin, der durch meine Hände geht, nä— 
her ansehen? Das Geld hat mir meine 
Frau gegeben“ 
„Ja, aber der Schein gehört einer ver— 
gangenen, außer Kurs gesetzten Währungs⸗ 
art an!“ 
„Was? Ein alter Geldschein? Nicht 
möglich! Wie sollte denn meine Frau 
5Donnerwetter, die Sache stimmt! Nu 
aber, das ist unangenehm, wirklich sehr un— 
angenehm! Da hat sich meine Frau mit ihrem 
ahnungslosen Gemüt dieses wertlose Papier— 
Nachdruck verboten. 
stück wahrscheinlich bei einem Gemüsestand 
mit ein paar ebenso alten Neuigkeiten hin— 
aufschwätzen lassen. Und ich . .. Donner— 
wettet, mein Kleingeld reicht nicht so weit! 
Ja also, da bleibt nichts übrig, als daß ich 
hach Hause gehe und mir das notwendige 
Geld hole. Und meiner Frau bei dieser Ge— 
legenheit den Standpunkt klar mache. Denn 
penn“ man den Ehemann schon für den 
Einkauf verwendet, dann gibt man ihm we— 
nigstens brauchbares Geld mit. Oder der 
Ehemann kann keine brauchbare. Ware nach 
Hause bringen! Ja also, liebes Fräulein, 
nehmen Sie einstweilen die Flasche wieder 
in Ihre Verwahrung, in einer halben Stunde 
bin ich zurück und bringe das richtige Geld 
mit.“ 
Jonathan Magenwärmer kommt aber 
nach einer halben Stunde nicht wieder zurück. 
Frewendet sich vielmehr in einen zweiten. 
ditten. vierten Laden und wiederholt überall 
die Geschichte mit dem außer Kurs gesetz⸗ 
en Zahlungsschein und der einstweilen in 
Verwahrung gegebenen Flasche. Bis end— 
lich im achten, Laden der fleißige Punsch— 
Amnimler von seinem Schicksal erfaßt wird. 
„He, Sie . Sie ..!“ schreit der Ver— 
käufer der geistigen Anregungsmittel. „Was 
fällt Ihnen denn ein? Ich habe Ihnen doch 
den Weinbrand in eine gelbe Flasche gegos— 
sen und Sie geben mir eine grüne Flasche 
zurück! Und in dieser grünen Flasche .. 
ah! . . da ist ja nur Wasser drinnen! Wis— 
en Sie, was das ist, was Sie hier versucht 
hjaben? Das ist Betrug, ganz gemeiner Be⸗ 
lirug, Diebstahl oder Herauslockung eines 
fremden Eigentumes!“ 
Jonathan Magenwörmer senkt bes chämt 
den Kopf. Und trachtet, daß er geschwind, 
ohne den verdienten Fußtritt abzuwarten, 
aus dem Laden hinaus kommt. 
Seine Liebe zu Punsch ist durch dieses 
Mißgeschick zwar nicht verringert worden. 
Sein Sammeleifer hat aber durch die un— 
angenehme Verwechslung von gelb— und grün 
für einige Zeit eine starke Einschränkung er— 
fahren.
	        
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