Volltext: Der Spaßvogel 1931 (1931)

der uralten Fleischtruhe. Und der Sau— 
schneider hebt den Deckel auf... „Alle 
guten Geiste! “ 
Dann entfällt ihm, der Hackelstecken. 
Die Zaunederin tut einen Schrei. Der 
Sauschneider einen Schelterer... Denn in 
der Fleischtruhe liegt richtig die Katze, die 
die Zaunederin vor acht Tagen als einen 
Geist eingesperrt hat... Und das Luder 
rührt sich noch gar nicht.. . So dick und 
vollgefressen ist die Katze, daß sie sich 
nicht einmal regen kann. Oder mag... 
Denn wenn man einmal —., als Katze — 
ungestört acht Tage lang in einer voll— 
gefüllten Fleischtruhe sein darf, dann hat 
man ein gewisses Hausrecht. 
Der, Sauschneider sieht mit Entsetzen 
das riesige Loch, das das Ludersvieh in 
den Fleischberg gefressen hat. Und die 
Zaunederin sieht es auch, dieses Loch und 
ist wieder einer Ohnmacht nahe. Denn 
nichts geht der Zaunederin so zu Herzen, 
wie ein Loch im Schmalzhafen oder in 
der Fleischtruhe. WV 
Jetzt rafft der Sauschneider seinen 
Hackelstecken wieder auauff. 
„Ob du gehen willst, du Mistvieh?! 
Drohend Ichwingt er den Stecken. 
Da pfaucht ihn die Katze gröblich 
an, stellt den Schweif auf und trollt sich 
gemächlich aus der Fleischtruhe. Erst wie 
ihr die Zaunederin den Schlüsselbund nach— 
schmeißt, macht sie einen Sprung aus der 
—— * und kollert die Bodenstiege hin— 
unter. 
„Der Sauschneider senkt den Hackel— 
stecken. M 3 
Die Zaunederin klaubt den Schlüssel— 
bund auf.— 
Drann starren beide einträchtig auf das 
Loch in der Fleischtruhe. — 
„Vor, acht, Tägen sollten wir schon 
herauf sein“, sagt der Sauschneider. 
„Oder ein Licht wenn ich mir genom— 
men hätt!...“, die Zaunederin. 
„Weil es diesmal kein Geist war, son— 
dern die Katze... Recht hast, ganz recht, 
Zaunederin. Ein Licht solltest genommen 
haben... Aber was hilft jetzt das Reden 
und das Raten? Das Loch da im Fleisch— 
berg wird deshalb nicht kleiner. Eher 
größer... wenn du mir ein Rankerl oder 
zwei geben willst, Zaunederin. Denn weißt, 
wenn ich nicht gewesen wär“ mit dem 
Hackelstecken, das Katzenluder hätte dir das 
ganze Fleisch zusammengefressen. .“ 
„Es kommt mir auf ein Rankerl oder 
zwei nicht an, Sauschneider. Solchene, wo 
die Katz angefressen hat... Aber gelt, 
— tust keinem Menschen was von dem 
eist. ..“ 
„J wo! Wem soll ich denn was 
sagen? Und gelt, sag' fein du,auch nichts. 
Wir können ja alle zwei nichts dafür, 
daß es, diesmal kein Geist war, sondern 
bloß eine Katz. Denn Katzen muß es 
ja auch geben, so gut wie Geister. Und 
daß es Geister gibt, das wirst so gut 
wissen wie ich, Zaunederin, und wenn die 
Leut“ tausendmal sagen, das ist ein Aber— 
glauben. ..“ 
„Ich weiß, was ich weiß“, sagt die 
Zaunederin. „Wie oft hab' ich schon was 
gehört und gesehen, was unmöglich eine 
Katz hat sein können..“ I 
„Recht hast“, sagt der Sauschneider. 
„Denn was wahr ist, muß wahr sein... 
Und jetzt —. was für Rankerl, die die 
Katz angefressen hat, darf ich mir denn 
mitnehmen, Zaunederin? Geh, sei so gut 
und such, mir selber ein paar aus. Weißt, 
ich möcht, nicht so grob sein... Aber pres— 
sieren tut's mir schon, weil ich zum Bal— 
samer, Peter hinüher muß. Weißt, der 
hat eine Kuh, die seit drei Wochen keinen 
Tropfen Milch mehr gibt. Die Dirn sagt, 
die ist verhext. ..“ — 
„Gelt? Das sag' ich auch. Ja, ja. 
es gibt schon etwas...“ 
. „Natürlich gibt's was! Und was wahr 
ist, muß wahr sein.. So... schönen Dank 
für die Rankerl, Zaunederin. Gelt und 
wenn du wieder einmal in der Not bist 
wegen einem Geist, tu mir nur die Post, 
ich bin allemal gleich da. Denn die Zaun— 
ederin lass' ich nicht hint', so wahr ich der 
Sauschneider bin. Denn was wahr ist, 
muß wahr sein... Alle guten Geister...!“ 
J
	        
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