Volltext: Der Spaßvogel 1929 (1929)

Hestrüpp saß und aus tiefstem Herzen 
wünschte, daß die Leute sich endlich entfer— 
nen möchten. 
Die Situation war ja eigentlich ko— 
misch, doch muß ich gestehen, daß es mir 
gar nicht lustig zumute war; das Waßger 
war empfindlich kühl, und eine eisige, be— 
klemmende Starrheit schien sich allmählich 
meines ganzen Körpers zu bemächtigen. 
In raschem Takt klapperten schon meine 
Zähne aufeinander, und ich mußte schleu— 
nigst die Lippen zusammenpressen, um mich 
nicht selbst zu verraten. 
Unter, dem Wasser aber ballte ich 
grimmig die Hände und schaute mit wah— 
rer Mordlust zu dem verflixten Jagdhund 
hinuber, der an allem Ungemach die Schuld 
rug. 
Glücklicherweise schien der fremde Herr 
jetzt zu einem Entschluß gelangt zu sein, 
denn er sagte: 
„Ich will schnell zum nächsten Bauern— 
hause eilen und Leute mit Stangen und 
Stricken herbeiholen. Bleibe du während— 
iee pWier oder gehe mit, wenn du dich 
fürchtest.“ 
Ohne ein Wort zu erwidern, eilte die 
Dame den Weg zurück und ihr Begleiter 
folgte raschen Schrittes ... 
Als sie hinter der Wegbiegung ver— 
schwunden waren, stieg ich zähneklappernd 
ins Ufer. In meiner Nähe lag ein Stück 
Holz, das mich auf einen verzweifelten Ge— 
danken brachte. Ich hielt es dem knurrenden 
Hund vor die, Nase, stieß einen kurzen 
Pfiff aus, wie ich ihn oft von meinem On— 
lel gehört, hatte, und warf das Holz mit 
dem energischen Befehl: „Karo, such!“ weit 
m den Fluß hinein.. 
Und Karo ließ sich wirklich überlisten. 
Mit zwei Sätzen hatte er die Böschung 
erreicht und sprang in den Fluß hinab, 
vährend ich, so rasch ich konnte, in meine 
Beinkleider fuhr, den Rock überwarf und 
den Hut aufsetzte. J 
Als, der Hund jetzt mit dem Stück 
Holz wieder ans Ufer kam, erkannte er 
nich und sprang wie närrisch, um mich 
herum. Um alles, in der Welt hätte ich 
das verständnislose treue Tier jetzt nicht 
mehr bestrafen können, so großen Zorn 
uh auch soeben noch gefühlt hatte. 
Auf dem kürzesten Wege eilte ich ocht 
nach Hause. Als ich dem Onkel mein Aben— 
teuer erzählte, schlug er trotz seiner Glie— 
derschmerzen die Hände über dem Kopf zu— 
sammen und lachte, ohne aufzuhören. 
Als er mich dann näher betrachtete 
und sah, daß meine Glieder vor innerer 
Kälte zitterten, erschrak er und rief die 
Tante herbei. Rasch erzuhlte er ihr, was 
geschehen sei und befahl mir dann, sofort 
ns Bett zu steigen und mich dicht zuzu— 
decken, da ich mir sonst leicht eine Lun— 
genentzündung zuziehen könne. 
.„Soll ich schnell, einen Glühwein be— 
reiten?“ frug besorgt die Tante. 
„Ach was, Glühwein!“ rief aber der 
Alte. „Ich werde dem Jungen einen Grog 
brauen, recht heiß und recht „wördlich“, 
wie die Seeleute sagen: viel Rum und 
wenig. Wasser; der wird ihn schon wieder 
auf die Beine bringen!“. 
Dann, habe ich mit Todesverachtung 
das Gemisch von Rum, Zucker und hei— 
hem Wasser, das der Onkel mir bereitet 
hatte, hinuntergeschluckt, und ich muß ge— 
stehen, daß es mir eine halbe Stunde 
päter ganz wohl zumute war, wenn sich 
auch meine Bettstelle wie ein Karussell im 
Zimmer umherzudrehen schien. 
Und während ich nun unter dem schwe— 
ren Bettzeug lag und der, Schweiß mir 
aus allen Poren drang, standen gewiß 
am Ufer des Flusses die hilfsbereiten Men— 
schen und wunderten sich, daß jetzt auch 
der, Hund mitsamt, den Kleidungsstücken 
berschwunden war, bis der Onkel einen Bo— 
ten hinüberschickte und das Rätsel erklärte. 
Am folgenden Tage war ich wieder 
wohlauf. 
Der Onkel, nahm natürlich das Ver— 
dienst für sich in Anspruch, mir die Kälte 
aus dem Körper getrieben zu haben und 
hielt seinem Rumgetränk eine begeisterte 
Lobrede, in die ich überzeugungsvoll ein— 
sttimmte... 
. So habe ich an den Grog sozusagen 
eine Dankesschuld, abzutragen, meine Her— 
ren, und wenn ich mich im Laufe der 
Jahre ein, wenig an ihn, gewöhnt habe, 
so wird mir das wohl niemand verargen 
pnent .... Jean, bitte — noch ein 
as!“ 
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