Volltext: Der Spaßvogel 1927 (1927)

Abends kam der Knecht aus der Apo— 
theke zurück und brachte die Stubentür mit 
und die Pulver, die der Doktor verschrie— 
ben hatte. Also im Wasser sollte sie der Naz 
nehmen!— 
Das gab der Bäuerin zu denken. Mit 
dem Wasser stand nämlich der Bauer auf 
keinem guten Fuß, weder zum Trinken, noch 
zu sonstigem, ihm 
unbegreiflichen 
Zwecken der Rein— 
lichkeit. 
„Aber was sein 
muß, muß sein!“ 
dachte Vev, und als 
es Morgen geworden 
war, schleppte sie mit 
Hilfe des Knechtes 
die große Traufwas⸗ 
serkufe ins Kranken— 
zimmer und füllte 
sie zur Hälfte mit 
kaltem Wasser, wor— 
rauf sie noch ein 
paar Schaff voll hei— 
ßes hineingoß, „da— 
mit der Naz die 
G'frör nit kriegt!“ 
Jetzt brauchte es 
aber noch Ernst, um 
den Naz aus dem 
Bett und ins Was— 
ser zu bringen. „Gib 
mir 's Pulver decht 
im Bett ein!“ flehte 
er wiederholt. Aber 
Vev bestand auf ih— — J 
ren Willen. „VNa, ,DJa, was ist denn das Was treibt 
der Doktor hat ihr denn da?“ 
g'sagt, im Wasser 
drin mußt 's nehmen!“ 
Endlich stand der Patient in der Wasser— 
kufe und nahm das Pulver, das sein Weib 
ihm reichte. Da ging die Tür auf und der 
Doktor kam zum Morgenbesuche. 
„Ja, was ist denn das? Was treibt ihr 
denn da?“ rief er, als er seinen Kranken im 
Wasser stehend fand. 
„Gern hat er's freilig nöt tan,“ sagte 
die Bäuerin, aber weil's halt sein müssen 
hat, damit der G'sund wiederkommt. Grad 
hat er 's Pulverl g'nommen, mit drin im 
Wasser, wie's der Herr Doktor ang'schaffen 
hat.“ 
„Na hör' Weiberl,“ sagte der Doktor 's 
nächstemal schüttest,'s Pulverl in einen Eß— 
löffel voll Wasser hinein und gibst 's ihm in 
den Mund. Das tut's auch.“ 
„Ja das mein' ich wohl! sagte Vev. „Ein 
Krankes so peini— 
gen! Wenn er mir 
nur nicht stirbt von 
dem vielen Wasser. 
Das ist mein Naz 
nit g'wohnt.“ 
Endlich war der 
Naz abgetrocknet und 
ins Bett gebracht 
und der Doktor er— 
kundigte sich nach 
seinem Gesamtbefin— 
den. 
„Der Magen tut 
halt noch gar nit,“ 
klagte Vev. Keinen 
Knödel rührt er mir 
an, und nicht einmal 
Schweinernes mit 
Kraut.“ 
„Mußt ihm halt 
was Leichtes und 
Kräftiges geben, 
Weibele.“ 
„Etwa ein Stückl 
Schmalzbrot?“ 
„Nein, kein 
Schmalzbrot. Aber 
alle zwei Stunden 
ein Glasl voll Milch 
und ein paarmal im 
Tag ein weichgesot— 
tenes Ei“·.. 
„Ein weichgesottenes Ei?“ wiederholte 
Vep erstauanu. 
„Ja freilich. Du hast doch Hennen im 
Haus?“ 
„Sell wohl!“ rief sie lebhaft. „Und so 
brav legen wie sie tun. Sein weit und 
breit keine so braven Hennen als wie die 
Meinigen. Und schön sein sie. Das kommt 
dom guten Füttern. Ich versteh' mich 
drauf.““
	        
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