Volltext: Der Spaßvogel 1927 (1927)

Herrenbauer Joseph Glashauser von Glas— 
hausen ihr eigen nennt. 
Reiu gefühlsmäßig ahne ich das. 
Die beiden Professoren schreiten mit 
ihren Gewinnsten ebenfalls der Stadt zu. 
„Ludus verisimilitatis,“ sagt der klas⸗ 
sische Philologe mit dem Knebelbart und dem 
gewonnenen Zahnstocherbehälter. 
Wenn ich die fünftausend Lose genom— 
men hätte, dann wären sämtliche Treffer 
mein,“ stellt der Mathematiker mit der Horn⸗ 
zulle und dem Nudelwalker im Jugendstil 
fest. „Ja, wenn, Herr Kollega. Angenom⸗ 
men, daß bei fünftausend Losen tausend Tref⸗ 
fer waren.“ 
Der gelehrte Disput über die Wahr⸗ 
scheinlichkeitsrechnung geht im neueinsetzen⸗ 
hen Gedudel der Karussellorgeln und des 
Glockenlärmes der Schiffsschaukeln unter. 
Wie ich vermutete, laden uns die zwei 
Damen zum Kaffee ein. — 
Mein Gefühl täuscht mich ja nie. 
Ich könnte die Geschichte noch des Lan⸗ 
gen und Breiten ausführen, aber ich heschrün⸗ 
ke mich auf die Hauptpunkte. Ich sage berm 
Sepp, daß es sich gehöre, daß er die Damen 
setzt zum Wein einlade, einesteils zum Dank 
für den Kaffee, andernteils aus Erkenntlich— 
he dn Ieehrem des Weckapparates J J ch bin hier wi eder überflü si g und 
* iu shelic. .3. 4. schlage gefühlsmäßig einen Seitenweg ein, 
Wir gehen dann wirklich in kin Wein⸗ der mich nocheinmal am. Glückshafen vor— 
haus, das uns die Damen als bestes in der überführt. Und schon tönt es wieder sire— 
Stadt ndfhlem lasche errählt der Sep nenhafi an meine Ohren 
nr · ee aten Flasche , der r „Kommen Sie doch, schöner Herr, und 
bon seinem Hof, seinem Viehstand, seinen — chmen ien vutzend dose Rur dine M 
Dienstleuten und seinen tausend Tagwerk 7 8 ein utzend Lose. Nur eine Mar 
Wald. Und lacht, daß die Perlzähne blitzen. — dutzen 
WBei der zweiten Flasche ist die Reihe Ich aber lächle nur und. lüfte den Hut 
an den Damen aus Hoͤflichkeit. Denn Höflichkeit ist eine 
Die Aeltere, die Mutter, berichtet aus— cühmliche Tugend, besonders wenn sie von 
führlich über ihren Mann selig, de ein er⸗ Herzen kommt wie bei mir. — 
solareicher Viehhändler gewesen und den Sei-⸗ Da erkennt mich das Fräulein mit den 
———— Sommersprossen wieder: „Ach, Sie sind's, 
ie Villaund anige Hunderttausend Mark wein Unglück. Bitte bleiben Sie mir doch 
in Pfandbriefen, Eisenbahnobligationen und weg.·— 8 
Türkenlosen. Und die Tochter habe bereits Vier Wochen später darf ich dem Sepp 
eine fertige Aussteuer für den Fall, daß sich bei seiner Hochzeit den Brautführer machen. 
ein passender Freier finde. Drer, Weckapparat hat seinen Zweck als 
Bei der dritten Flasche hascht mein Köder erfültt. ———— 
guter Sepp bereits nach den Händchen der Der Sepp erhält eine hübsche, häus— 
hübschen Tochter und flüstert leise: „Amo te.“ liche, handfeste Ehegattin, wie sie ein Her— 
Das ist lateinisch und heißt soviel wie: 
Ich liebe dich. —— J 
Es ist doch gut, daß der Sepp ein paar 
Jahre studiert hat. Jetzt kann er doch sein 
Heutschestes Gefühl in einer fremden Sprache 
rusdrücken, deren Bedeutung den beiden 
Frauen nicht lange rätselhaft bleibt. 
Denn der Sepp besitzt außer seinen la— 
teinischen Sprachkenntnissen noch ein paar 
Augen, deren Sprache an Deutlichkeit nichts 
zu wünschen übrig läßt, so daß ich mich bei 
— D 
Denn hier bin ich jetzt überflüssig. 
Das sagt mir mein Gefühl mit aller 
Bestimmtheit. 
ünd mein Gefühl täuscht mich ja nie. 
Ich begebe di wieder auf den Fest— 
latz. Denn erstens habe ich jetzt die zwanzig 
MNock vom Sepp, und zweitens will ich meine 
Siudien des Volkstreibens von neuem auf⸗ 
iehmen. Ich komme in jeder Hinsicht auf 
neine Rechnung. Und wie ich mich abends 
wuf den Weg zur Heimfahrt mache, sehe ich 
der Bahnhofstraße ein köstliches Bild: 
Meinen guten Sepp, der die Kraft des Wei⸗ 
ses nicht kannte, von den beiden Damen für⸗ 
orglich und fest geführt, auf dem Wege zu 
hrer Villa. 
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