Volltext: Der Spaßvogel 1927 (1927)

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vierzehn Tagen finden —; die Frist war doch 
gar zu kurz! — — Zwei Tage vergingen 
Linus Lentner mit unfruchtbarem Grübeln, 
— und geflissentlich wich er der kleinen Eva 
aus. Dann ertrug er es nicht länger. Das 
berzweifelte Brüten auf seinem Zimmer half 
zu nichts; die Zeit verstrich, und niemand 
bezahlte seine Schulden. Nein, er mußte hin— 
aus, sich draußen umsehen, vielleicht begeg— 
nete ihm wieder einmal unverhofft das Glück. 
Geraden Weges steuerte er in das nächste 
Cafehaus, musterte alle dort anwesenden Da— 
men, selbst die Buffettmamsell, die vielleicht 
ein ganz hübsches Sümmchen zurückgelegt 
hatte, aber doch kam er nirgends zu einem 
Resultat, — und schließlich griff er ärger— 
lich zu den Zeitungen. 
Plötzlich erschien sein ganzes Gesicht wie 
mit hellem Sonnenschein übergossen. „Eine 
Dame mit aroßem Vermögen wünscht,“ las er 
im ersten Blatte der Hauptstadt, — — nun, 
was konnte eine Dame anderes wünschen, 
— natürlich: „— wünscht sich mit einem 
jungen soliden Herrn am liebsten Kaufmann 
in gesicherter Stellung, zu vermählen.“ 
Linus hielt ein wenig inne. Aha, jatzt 
kamen die Nachsätze, die jedenfalls die Bedin— 
gungen enthielten! Seine Miene verfinsterte 
sich, da sein Blick auf das Wort Schulden 
fiel. Mit erzwungener Fassung überflog er 
das Weitere: „Eigenes Vermögen wird von 
etwaigen Bewerbern nicht verlangt, nur —“ 
o weh, jetzt kam es! — „nur ein offenes 
Eingeständnis aller vorhandenen Schulden.“ 
Linus machte große Augen und war 
einen Moment ganz sprachlos. Dann schlug 
er sich in übermütiger Freude mit der flachen 
Hand auf den Schenkel. „Weiter nichts, — 
weiter nichts? Nur reinen Tisch will sie 
haben, ehe sie ihre Hand vergibt, ihren Zu— 
künftigen zuvor von jeder Sorge befreien 
und großmütig alles bezahlen. Wahrhaftig, 
ein richtiger Engel der Rettung und des 
Glückes!“ — Ob sie wohl schön ist? fiel es 
ihm aufs Herz. So zierlich und nett wie die 
kleine Eva vielleicht nicht, aber dafür eine 
stattliche, elegante Erscheinung, der man ihr 
großes Vermögen schon von weitem ansah, 
— und das war ja die Hauptsache. Wie aber, 
wenn schon ein anderer sie errungen! Diese 
Offerte mußte doch gar zu verlockend wirken 
auf so viele ledige, verschuldete Lebemänner, 
wie sie die Hauptstadt barg! 
Eine jähe Angst beklemmte ihm die 
Brust. Das Blatt war zum Glück erst vor 
einer Stunde ausgegeben, hoffentlich stand 
das Gesuch auch heute zum ersten Male da— 
rin. Um sich zu beruhigen, ließ er sich noch 
die Nummern der beiden vorhergegangenen 
Tage geben. — O weh! Wie ein Winter— 
frost im Lenz flog es seine Züge an. In 
heiden Blättern stand schon das Gleiche — 
und er, der Narr, der blinde Tor, hatte 
ratlos auf seinem Zimmer gesessen und hatet 
damit vielleicht für immer sein Glück ver— 
scherzt! 
Aber mußte er darum sogleich die Flinte 
ins Korn werfen? Nein, noch war ja nicht 
alle Hoffnung tot, vielleicht hatte er von 
allen Bewerbern die wenigsten Schulden, — 
und das konnte ja bei der Heiratslustigen 
den Ausschlag geben. Nur durfte kein Augen— 
blick verloren werdeen. 
Vom Kellner ließ er sich sogleich Tinte, 
Papier und einen Briefumschlag, so undurch— 
sichtig als möglich, bringen, denn was er 
jetzt dem weißen Bogen anvertraute, das 
vuüßte ja außer seinen Gläubigern kein 
Mensch, — und die war er so klug gewesen, 
nur auswärts zu haben. — Ein offenes 
Geständnis also! Nun, das wurde ihm gar 
nicht schwer, viel leichter als das Verheim— 
lichen seiner Schulden dem Chef und anderen 
gegenüber. O — es ging dach nichts über 
das Herz eines mitleidigen Weibes, das Ver— 
ständnis hatte für die kleinen Schwächen sei— 
ner Mitmenschen! Er hätte sie in Gedanken 
an sich drücken mögen für diese edle Gesin— 
nung. 
Als er den Brief, in dem er sich weid— 
lich herausgestrichen, beendet, atmete Linus 
erleichtert auf. Es tat ihm ordentlich wohl, 
daß das Geheimnis seiner Schulden nun 
auch das ihre war. Und als er gegen Abhend 
in gehobener Stimmung heimkehrte, wich er 
der kleinen Eva, die vor ihm die Treppe 
hinaufging, nicht mehr aus. Ohne daß er es 
wollte, ruhten seine Augen mit sichtbarem 
Wohlgefallen auf ihren kleinen Füßen, von 
denen er freilich nur die schlanken Sohlen 
sah, die an den ganz neuen, zierlichen Schu⸗ 
hen so weiß glänzten und schimmerten, als
	        
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