Volltext: Der Spaßvogel 1921 (1921)

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Humoreske von Sidonie Judeich-Mierswac 
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Machdruck verboten.) 
Den Hohenfriedberger Ders leise 
vor 8 hinpfeifend, schritt der Sanitäts— 
rat Breitkopf wohl schon das dritte Mal 
um den großen runden Tisch, der in der 
Mitte seines Arbeitszimmers stand. 
In der rechten Hand hielt er einen ge⸗ 
biffneten Brief, in den er ab und zu einen 
scheuen, wie es schien, aber höchst wohl⸗ 
wollenden Blick warf. Auf dem jovialen, 
pon der Sonne und dem Wind in seiner 
Landpraxis geröteten Gesicht lag ein äußerst 
vpergnügter Ausdruck, und je öster er das 
Schreiben las, desto lustiger funkelten die 
blauen Aeuglein unter den buschigen, wei— 
ßen Brauen. Als er wohl das e 
in den Brief geschaut hatte, wirbelte er 
den grauen, eiwas herabhängenden Schnurr⸗ 
bart, mit der linken Hand martialisch in 
die Höhe, und die Klänge des „Hohenfried⸗ 
berger Marsches“ gingen allmählich in die 
ptiernden Töne des alten Studenten⸗ 
iedes „Gaudeamus“ über. 
Immer schneller umkreiste ex den Tisch, 
und immer rascher fslogen die kleinen, dik⸗ 
ken Beinchen, die in etwas kurzen Kamm⸗ 
— 8 steckten. Zuleßt sanden 
em alten Hertn die hellen Schweißperlen 
auf der Stirn, und, sein rotseidenes Ta— 
schentuch aus der hinteren Rocktasche hervor— 
ziehend, aus der, zum Zerger einer Gat⸗ 
tin, immer ein I sett davon hervor⸗ 
aute, trat ex an seinen Schreibtis — 
dem, malerisch gruppiert, verblichene Bil⸗ 
der, Bänder und Mützen aus der Studen— 
tenzeit hingen. Der alte Herr nickte den 
Genossen röhlier Ingendzeit du.nasen 
eine Mütze von der Wand und drückte 
sie unternehmend auf sein allerdings schon 
einige bedenkliche Lücken aufweisendes 
——— Ein wohlgefälliger Blick streifte 
abei den Spiegel, der zwischen den bei— 
den mit weißen Gardinen verhüllten Fen⸗ 
stern hing und sein Bild, zurückwarf. 
ZJawohl, jawohl,s wird, gemacht. Ich 
fahre hin,“ murmelte er vor sich hin. „Ja— 
wohl fahre ich hin, und niemand soll mich 
daran bindern!“ Diese letzten Worte schrie 
er in das stille Zimmer, als spräche er 
mit einem unsichtharen Feind. 
Dann hängte er die Mütze mit einer 
raschen Bewegung wieder an ihren alten 
Platz und begann Fien Rundlauf um den 
Tisch von neuem. Dabci tanzten die Schöße 
seines langen, schwarzen Gehrockes bei je— 
der Bewegung rhhthmisch hin und her, und 
nengierig schaute aus der Tasche das rot⸗ 
seidene Taschentuchzipfelchen hervor, als 
wollte es fragen: Was geht vor, warum 
erzürnt sich mein Gebiet?; 
Jawohl werde ich hinfahren,“ knurrte 
immer wütender der Sanitaͤtsrat, „und ich 
werde euch beweisen, wer Herr im Hause ist, 
ihr Frauensleute oder ich — 
Und erlaube, Adelgunde, du mußt deine 
Worte bes en Alfanzereien sind die 
lustigen, fröhlichen Studententage nicht.“ 
Hier wuchs seine Stimme wieder drohend 
an. Seine Augenbrauen standen wie zwet 
Fragczeichen auf der gerunzelten Stirn, und 
ipe Aeuglein schossen herausfordernde 
„Donnerwetter, Paxapluie! Dagobert, 
du bist ein Esel,“ lachte er plötzlich, s. 
daß die rundliche Fülle unter seiner Weste 
in merkliche Schwankungen geriet. „Warte 
doch erst einmal ab, was deine bessere Hälfte 
sagt. Freilich, als Kaufmannstochter hat 
ie kein Verständnis dafür, was das heißt. 
as fünfzigste Stiftungsfest seiner alten 
Studentenverbindung zu seiern; aber ich 
wexde es ihr pl FJ ibel machen. Herrgott. 
so eine Spritze nach Breslau, die krempelt 
den Menschen einmal um. Man will doch 
auch mal wieder Großstodtluft genießen 
man versauert ja ordentlich in dem pol— 
nisch⸗deutschen Milieu hier in der kUeinen 
Grenzstadt. Aber nun heißt's diplomatisch 
zu Werke gehen J 
Er warf einen Blick in den Spiegel, 
zupfte seine Weste ordentlich und schob don 
Schlips in die Nilte über das Chemisett 
———
	        
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