Volltext: Der Spaßvogel 1921 (1921)

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Der Wachmann mit dem Baron folg⸗ 
en einige Schritte nach. Auf der Wach— 
tube wurde das Mädchen einem ausführ— 
lichen Verhöre unterzogen und ihre An⸗ 
gabe, daß die Komtesse Wildenstein den 
Hund vom Förster in Ballingen um hun— 
dert Kronen, gekauft habe, zu Protokoll 
gebracht. Hierauf begab sich der Polizei— 
kommissär in Zivil mit, dem Baron in 
das Bahnrestaurant. Die Komtesse hatte 
eben gezahlt und wollte sich gagh ihrer 
Zofe und Mohrl umsehen, als die bei— 
den Herren auf sie zutraten. 
„Entschuldigen Sie, gnädiges Fräu— 
lein“, sagte der Beamte, „haben Sie eine 
Dienerin mit einem chwarzen Pudel auf 
die Straße gesendet?ẽ 33 
„Jawohl,“ antwortete Olga erstaunt 
„was soll die Frage?“ 
„Dieser Herr siere ert sich ungemein 
dafür, von wem sie den Hund haben!“ 
Die Komtesse blickte neugierig den Ba⸗ 
ron an, den sie nicht kannte. 
„Der Hund stammt, aus dem Hunde— 
zwinger Venator in der Residenz. Wün— 
schen Sie sonst noch etwas, meine Herren?“ 
„Das ist ja hinreichend, sagte Thün⸗ 
gen mit Nachdruck zu dem Polizeibeam⸗ 
ten, „die Aussagen der beiden Frauen—⸗ 
zimmer widersprechen sich, eine oder die 
andere lügt, — oder — beide.“ 
—„Herr, was soll das heißen?“ fuhr 
38 auf, „und von wem sprechen Sie 
„Das werden Sie auf der Polizei 
erfahren, Sie angebliche Komtesse, — wer 
so verwegen am hellichten Tage einen auf⸗ 
fallend schönen Hund stiehlt, wie Sie es 
gestern getan haben, hat es nicht nötig— 
sich so empött zu stellen. Zur Hochstap- 
lerin fehlt Ihnen die nötige Vorsicht und 
Routine!“ 
„„Graf Wildenstein traute seinen Augen 
nicht, als er ein Telegramm erhielt, eine 
Dame mit ihrer Kammerfrau sei bei der 
Polizei in N. in Haft, die behaupte, seine 
Tochter Olga zu sein. Sie habe einen 
schwarzen Pudel, welcher offenbar auf un— 
xedliche Weise in ihren Besitz gelangt sei. 
Er werde um Auskunft gebeten. VDer 
Graf telegraphierte sofort zurük, man 
möge seine Tochter sofort enthaften und 
in dem besten Hotel der Stadt einquar— 
tieren, er komme mit dem ersten Frühzuge, 
die Sache mit dem Sunde müsse ein Miß- 
verständnis sein, denn seine Tochter be⸗ 
sitze gar keinen Hund. 
Baron Thüngen war sehr beftürzt, 
als er spät a bends nochmals zur, Polizei 
zitiert und ihm dort das Telegramm des 
Grafen vorgewiesen wurde. Die Dame, 
die er eine Hochstaplerin genannt und de— 
ren Verhaftung er veranlaßt hatte, war 
wirklich die. Komtesse Wildenstein, — 
dann hatte sie aber gewiß auch den Pu— 
del nicht gestohlen und er war auf das 
ärgste blamiett. 
Tie Polizei verfügte die sofortige Ent— 
lassung Olgas und der Polizeikommissär 
geleitete sie selbst in das Hotel „zum gohb— 
denen Hirschen“, stotterte eine Entschuldi— 
gung nach der anderen hervor, und da 
er denn 7— irgend einen Beweis zu sei— 
ner Rechtfertigung in Händen haben wollte. 
ließ er den Pudel bis zur Ankunft des 
Grafen in das leere Arrestlokal einsper— 
ren. 
Sier war es aber wieder nicht nach 
dem Geschmack des verwöhnten Hundes, er 
war nicht gewohnt, ganz allein zu sein, 
begann daher an der Türe des Arrest 
lokales zu kratzen und zu scharren, und 
als dies nicht half, setzte er sich in der 
Stube zum vergitterten Fenster, durch wel⸗ 
hes der Mond lachend hereinschien und 
begann gar kläglich und erbärmlich zu heu—⸗ 
len. Gegenüber vom Arrestlokale, nur 
durch einen schmalen Gang getrennt, war 
das Wachzimmer der Polizei, in welchem 
die von ihren Posten abgelösten Wach— 
männer so lange schlafen konnten, bis wie— 
der die Reihe des Dienstes an sie kam. 
Diese waren wenig erbaut von dem Ge— 
bahren Mohrls, denn wer kann da schla— 
fen und der Ruhe pflegen, wenn in der 
nächsten Nähe ein verlassener Hund sein 
iämmerliches Klagelied anstimmt. 
Zuerst ging einer der Polizisten zum 
Arrestlokal und versuchte, den Hund mit 
guten Worten zu beruhigen 
„Sei ruhig, Hunderl, leg dich nie— 
der und schlaf, wir wollen auch schlafen!“ 
Mohrl bellte freudig und beruhigte 
sich, als sich der Mann aber wieder ent— 
fernte, begann er von neuem zu heulen 
und zu winseln. Ein zweiter Wachmann 
versuchte etwas derber die Beruhigung: 
—„Elendes Hundepvieh! Wirst du gleich 
ruhig sein! — Ter Teufel soll dich holen 
vermaledeiter Köter!“ — Mohrl wurde 
wirklich still doch kaum war der Mann 
in der Wachstube, ging das Geheul von 
Man beschloß nun, den Hund in der 
Wachstube zu internieren, hier werde er
	        
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