Volltext: Der Spaßvogel 1916 (12. 1916)

Was das lose Spottmäulchen wohl sagen 
würde, wenn er mit seiner Braut — oder 
gar mit drei „Brautens" anrückte? Aufstöh¬ 
nend raufte er sich das Haar und rieb sich den 
brummenden Kops. Wie nur konnte er seinem 
Verhängnis entrinnen? Er erinnerte sich dunkel, 
daß man für heute einen gemeinsamen Aus¬ 
flug geplant hatte. Wohin, wußte er nicht 
mehr. 
Wenn er sich nun vorher aus dem Staube 
machte?! Mochten sie ihn dann in drei Teufels 
Namen steckbrieflich verfolgen lassen. Jeder 
human denkende Richter würde ihm mildernde 
Umstände zubilligen! 
Der Gedanke an Flucht gab ihm neuen 
Lebensmut. So schnell wie möglich fort! Vom 
Hotelfenster aus sah er, daß soeben ein statt¬ 
licher Salondampfer rheinaufwärts kam und 
bei Königswinter anlegte, um Passagiere auf¬ 
zunehmen. War das nicht ein rettender Schick¬ 
salswink? — 
In wilder Hast kleidete er sich an, zahlte, 
nahm seinen Koffer und stürzte zum Rhein, 
ängstlich rückwärts lugend, ob nicht die drei 
Holden ihm nachsetzten. Gottlob nicht! Erlöst 
aufatmend betrat er den Dampfer, der gleich 
darauf das Signal 
zur Abfahrt gab. 
Run schleunigst in 
die Kajüte hinunter, 
damit er nicht vom 
Ufer aus erspäht 
wurde. 
Im hocheleganten 
Kajütenraum ange¬ 
kommen, fuhr er so 
entsetzt zurück, als 
habe er das Antlitz 
der Meduse geschaut 
— vor ihm saßen 
feine drei Schicksals¬ 
göttinnen, verkatert, 
ftöstelnd, flügel¬ 
lahm: ein trostloser 
Anblick, der fatal 
an gerupfte Sup¬ 
penhühner erinnerte. 
Sylvia flog ihm 
entgegen und klam¬ 
merte sich inbrünstig 
an ihn. „Endlich, 
Liebster!" schmollte 
sie zärtlich. „Wir 
dachten schon. Du 
hättest unseren ge¬ 
planten Ausflug 
vergessen!" 
Peter Grasberger 
sah ein. daß er sei¬ 
nem Fatum nicht entrinnen könne und liefe in 
dumpfer Resignation alles über sich ergehen. 
Wenigstens hatte er nun die schreckliche Gewi߬ 
heit, wer eigentlich seine Braut war. Schwei 
sank er auf einen Stuhl nieder, während die 
Suppenhühner sich fröstelnd um ihn herum 
gruppierten und mit tausend neugierigen Fra¬ 
gen auf ihn eindrangen. 
Run endlich sollte er ihnen nähere Aus¬ 
schlüsse über seine Verhältnisse geben, die ei 
ihnen einfach nur als gutsituierte bezeichnet 
hatte; Daß er Kaufmann sei, wüßten sie be¬ 
reits; aber in welcher Branche? 
„Käse en gros und en detail!" sagte et 
stolz. 
„Käse!!!" kreischte die zartbesaitete, mimo¬ 
senhafte Sylvia auf, wich drei Schritte vor 
ihm zurück und drückte ihr Gesicht mit allen 
Zeichen tiefsten Abscheus in ihr heliotropduf- 
tenves Battisttüchlein, als ob er die zweifel¬ 
haften Wohlgerüche seines gesamten Käselagers 
mit sich herumtrüge. 
Und „Käse!!!" hohnlachte Fräulein El¬ 
vira, zog ein Riechfläschchen aus ihrem Pom- , 
padour und hüllte sich in eine Wolke von 2as- 
minduft. 
ImHijfe 
Laternenanzünder (zu einem Liebespaar): „Soll ich vielleicht tet 
’tt bißchen später kommen?!" ®<
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.