Volltext: Der Spaßvogel 1916 (12. 1916)

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&eind über diesen Hügel her einen Angriff 
unternehmen sollte, was freilich bet der offe¬ 
nen Lage des Terrains nach menschlichem Er¬ 
messen nicht angenommen werden konnte. Man 
mutz- aber eben im Feld an alles denken, 
oo hatte er denn gelangweilt Stunden hin¬ 
durch im Wald gelegen und hatte dem Kei¬ 
nen Getier um ihn herum zugesehen. Plötz¬ 
lich hatte ihn ein verdächtiges Geräusch auf¬ 
geschreckt und er war mit der ganzen Vor¬ 
sicht und Schläue, die seine Aufgabe mit sich 
brachte, im Busch so weit vorgekrochen, das? 
er sehen konnte, was geschah. In dieser Stel¬ 
lung nun hatte er mit wachsendem Interesse 
und noch viel rapider steigendem Appetit all 
die wunderbaren Sachen erblickt, die da zum 
Vorschein kamen. Seine Augen wurden starr 
Sein Herz erfaßte, eine unendliche Sehnsucht. 
Das Wasser lief ihm im Munde zusammen, 
•ougletch aber beschlich feine Seele eine schwere 
und schwarze Sorge. Wie unvorsichtig von 
dem Zivilisten, gerade da oben auf dem expo¬ 
niertesten Punkt solch' verlockende Dinge zur 
todjau zu legen! Wie leicht konnte der 
„Feind" darauf aufmerksam werden! Wenn 
Hans das Verlangen dieses „Feindes" nach 
den Leckerbissen an seinem eigenen Empfinden 
abmaß, so erfaßte sein Herz ein tiefer Schau¬ 
der und ein immer drückenderes Bangen. Ja 
er glaubte schon, von der anderen Seite her 
die Kolonnen der Gegner anrücken zu hören, 
von denen der Genußmensch da oben, der ganz 
m »ein Mal versunken war, natürlich nichts 
merkte, ^miner deutlicher spiegelte die vom 
Magen aus lebhaft bewegte Phantasie Hans 
den Ueberfall der Feinde vor. In der nächsten 
Minute vielleicht stürmten sie schon den Hügel 
ergriffen die Beute und warfen sich frisch 
gestärkt auch auf ihn und seine Partei. Diese 
schmähliche Ueberrumpelung, die für die ganze 
Entscheidung der Schlacht von ausschlaggeben¬ 
der Bedeutung sein konnte, mutzte vereitelt 
eine grotze Tat mutzte ausgenützt werden' 
Er schwitzt nicht. 
Ein Katechet prüft über den Spruch: 
„Und im Schwatze deines Angesichtes sollst 
du dein Brot essen." Katechet: „Peter, was 
bemerkst du an einem Menschen, namentlich in 
der Sommerhitze, wenn er fleißig arbeitet'? 
«Peter schweigt.) Nun, was siehst du denn an 
deinem Vater, wenn er an einem recht heißen 
Tag arbeitet?" — Peter: „Nichts!" — 
Katechet. ,, schwitzt denn dein Vater nie¬ 
Hans sah den Zivilisten das Glas zum Munde 
führen, in dem der sonnenbeftrahtte Wein wie 
Rubin, leuchtete, er fühlte das Hekdenblut 
in seinen Adern rollen . . . den Helm aufstül¬ 
pen. das Gewehr ergreifen und mit mäch¬ 
tigem „Hurra! Hurra! Hurra!" die Höhe 
hinanstürmen — war das Werk weniger Se¬ 
kunden. 
Schnäpperle oben hörte den Ruf. sah 
hinunter, bemerkte das blitzende Gewehr 
und es wurde ihm blau vor den Augen, als 
ob gange Regimenter gegen ihn heranstürm¬ 
ten. Nach dem Rucksack greifen, mit ihm 
aufspringen und wie rasend die andere Hügel- 
seite hinunteckennen — war auch bei ihm 
die Tat blitzschneller Zeitabschnitte. Er brauste 
davon und eilte fort und fort, als ob ihm 
ganze Schwadronen folgten. Erst nach etlichen 
hundert Meiern, als ihn schützendes Gebüsch 
von dem Hügel trennte, hielt er an. schnaufte 
aus, und pries den Himmel glücklich, der 
tyn aus dieser schrecklichen und ctcnt3 unvorher¬ 
gesehenen Manövergesahr befreit hatte. Dam 
aber, als er .sich allmählich beruhigte, und 
den Heimweg antrat, beschlich ein unendlich 
seliges Frohgefühl sein Herz. Er hatte etwas 
Großes miterlebt. Eine Attacke, die er sich in 
»einer Phantasie bereits in den kühnsten Far¬ 
ben ausmalte, war geschehen und er hatte 
m ihrem Mittelpunkte gestanden. Seine eigene 
Rolle dabei verlor in dieser gehobenen Stim¬ 
mung alles Kleinliche — im Gegenteil, sie 
wuchs heldenhaft empor und er ahnte bereits 
mit freudig bebender Seele die Bewunderung 
seiner Stammtischgenossen voraus, wenn er 
ihnen schildern würde, wie er mitten zwischen 
Rettergeschwadern und stürmischem Fußvolk 
beherzten Mutes das ganze Schlachtgetümmel 
bestanden und unversehrt überwunden hatte. 
.... Auf dem Hügel aber saß Hans, der Er¬ 
stürmet:, und genoß vergnügt und selbstbe¬ 
wußt das wohlverdiente Siegesmahl. 
Katechet: 
— Peter: 
mals?" — Peter: „Nein!" - 
„Was ist denn dein Vater?" 
, Maurer! 
H 
Beruhigend. 
sprechen da immer von einem Esel, 
oie werden doch nicht mich meinen! ?" 
— ,,Was fällt Ihnen ein! Es gibt doch 
noch mehr Esel wie Sie!"
	        
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