Volltext: Der Spaßvogel 1916 (12. 1916)

„Die Dicken müssen raus!" Das war 
die Parole, die an einem der letzten Tage auf 
der Görlitzer Kreisbahn laut wurde. Alles 
satz, so berichtet der „Bote aus der Oberlau- 
sitz," vergnügt und heiter im Zuge. Stolz ver¬ 
lieh das Dampfrotz den Bahnhof Hilbersdorf 
und klomm den steilen Berg , hinan. Immer 
langsamer aber gestaltete sich die Fahrt, immer 
kürzer wurde der Atem der Lokomotive. Auf 
halber Höhe der Zahnradbahn gab es einen 
Ruck: das Zügle bewegte sich nicht von der 
Stelle. Noch einige Anläufe wurden mit den 
letzten Kräften des Dampfrosses unternommen, 
doch alle Anstrengung war umsonst. Schlie߬ 
lich konnte man es auf der abschüssigen Bahn 
nicht länger halten, einen Wutschrei stietz es 
aus, und langsam und bedächtig fuhr es nach 
Hilbersdorf zurück. Dort erkannte man, dcttz 
die Last zu grotz war, die man ihm aufge¬ 
bürdet hatte. Einmütig wurde beschlossen, die 
schwersten Passagiere auszusetzen- was denn 
auch geschah. Nun begann eine neue Attacke, 
und — sie gelang. Stolz stürmte das Dampf¬ 
rotz lden Werg hinan und überwand glücklich das 
Hindernis. 
SelbstschäHnng. Richter: Datz der 
Ausdruck .»Dummkopf" seitens des Ange¬ 
klagten gefallen ist, steht nach den Aussagen 
der Zeugen fest, nicht aber, auf wen er sich 
bezogen hat. — Kläger (erregt einfallend): 
Auf wen sollte er sich denn bezogen haben, als 
auf mich? 
Die größte Sorge. „Ich weitz nicht, was 
werden soll, wenn ich plötzlich sterben würde." 
„Na, auf alle Fälle habe ich ja das Schwarz¬ 
seidene." 
Feine Marke. Weinhändler (zum 
Geschäftsführer): „Ich kann mir nicht helfen, 
der Kerl, der Hausdiener mutz von unserem 
Wein trinken!" — „Wieso?" — „Noä, ist der 
Kerl nicht alle Augenblicke krank?!" 
Deutscher Rekord. Zweitausend Kilo¬ 
meter ist der Stöffler in einer Tour gefah¬ 
ren, meine Damen; können Sie sich vorstellen?" 
„Ach, zeigen Sie mir doch mal mit den Hän¬ 
den, Herr Doktor, wie lang ist denn eigentlich 
so ein Kilometer?" 
„Ich wünschte, ich könnte Herauskrie¬ 
gen, wer diesen niederträchtigen anonymen 
Brief geschrieben hat," sagte der Wahlkandidat 
bei der Durchsicht 
der eingelaufenen 
MM Briefe. — „Wol- 
len Sie ihn vor 
Gericht bringen?" 
— „Nein, ganz 
W im Gegenteil! 
Der Bursche hat 
so schneidige An- 
züglichkeiten zur 
Verfügung, datz 
ich ihn gern enga- 
gieren würde, um 
' ein paar politische 
fl] Reden für mich zu 
verfassen." 
Um Mitter¬ 
nacht. „Mutti, 
ich kann nicht 
schlafen, erzähle 
mir doch ein Mär¬ 
chen!" „Warte, 
nur Kind! Pajw 
kommt gleich nach 
Hause; der wird 
uns beiden schon 
ein's erzählen!"
	        
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