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Gesundheitspolizei. Der Würgengel machte in den Jahren 1607
und 1608 im Jnnviertel wieder einmal seinen Rundgangs) Die Furcht, er
könnte auch die Tore von Ried passieren, veranlaßte die Bürger zur strengsten
Kontrolle der Fremden und der einheimischen Reisenden. Dies war auch not-
wendig — denn die Sorglosigkeit bei Verschleppung von Seuchen war zu
allen Zeiten gleich. Wer bei diesen „gefährlichen Sterbsläufen" über Land
ging, mußte einen Erlaubnisschein haben. Das Nichtachten dieser Verordnung
wurde mit 21/^fl. bestraft.1) Sie war ja eine Behinderung von Handel und
Verkehr und wurde deshalb als lästig empfunden;') aber sie war notwendig.
Die strengen Vorschriften über den Verkehr mit Siechen^) wurde gleich-
falls übertreten: Ein Leinenweber, der sich bei den Sichen aufgehalten, wird
mird 1 fl. 1 Schilling und 10 Pfennigen bestraft.
Handwerksvorschriften. Jedem Handwerk waren „Satz und
Ordnung" gegeben, deren Einhaltung von der Marktobrigkeit strengstens über-
wacht wurde. Und sie hatte viel zu tun, um Handwerk und Gewerbe in die
nun einmal errichteten Schranken zu weisen.
So müssen die Gastwirte wiederholt gestraft werden, weil sie wider
ihren Namen ungastlich sich benahmen. Wer einen Fremden nicht beherbergen
wollte, wurde um 2fl. gestraft. Im Jahre 1606 mußten 5 Gastwirte aus
diesem Anlaß zur Rechenschaft gezogen werden. Im Jahre 1608 ließen sich
mehrere Bierbrauer diese Ungefälligkeit zu Schulden kommen.
Die Wirte dürfen nicht über Nacht zechen lafsen, sonst werden sie mit
*/2—372 fl. bestraft. Die Brauer haben ihr Bier vor dem Ausschenken „be-
schauen" zu lassen. Siegmund Huebpaur wird mit 2fl. bestraft, weil „er
ein Bier-Ausläuten gegeben und nicht beschauen lassen". Die Biertrinker
hatten ein gutes Recht, daß diese Beschau gründlich vorgenommen wurde.
Denn hören wir nur einmal die Namen all der Brauer, die sich vermaßen,
den Riedern ein schlechtes Gebräu zu sieden: Lindacher, Schueler, Kalien-
hauser, Wierer, Schöner, Trauner, Badergruber und Pollinger, das sind
drei Viertel der Gesamtheit der damaligen Bierbrauer. Für dieses Vergehen
hatten sie I872 fl. Strafgeld zu erlegen. Auch wegen des Weißbieres^
das damals nicht nur jenseits des Inns erzeugt wurde, wird das Brauer-
Handwerk um 2 fl. gestraft.
Der Ausschank des gemeinen und des Märzenbieres nach freiem Willen,
ohne auf den Satz zu achten, wurde mit 3 fl. gebüßt. Steinfelder schenkte
seinen Wein wider den Satz und zahlte dafür die sehr hohe Strafe von
18 fl. (1598).
Ein herzoglicher Befehl suchte die Branntweinpest einzuschränken.
Den Gastwirten wird das Brennen von Branntwein verboten. Der Brauer
Wierer wurde wegen Uebertretung des Verbotes zu 3 fl. Strafe verurteilt.
Ein Leinweber zechte den drei Marktdienern Sonntag vormittags beim Hueb-
i) Vgl Meindl. Ried I-, S. 233.
') So glaubte sich der Lederer Leonhard Frahamer (Frähaimer) darüber hinwegsetzen
zu dürfen.
3) Deshalb schalt der Bürger Anteßner den Marktschreiber Pacher, „als dieser wegen
der leidigen Infektion zu den Toren verordnet und Personen rechtfertigen müssen", ejnen
Schergen (Strafe IV2fl).
)Vgl. Heimatkunde 4. Heft, S. 35.