Volltext: Heimatkunde 5. Heft (5. Heft / 1912)

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Meister fand Gott höchst „unnütz". Das Nichteinhalten der Fasttage wird 
strenge bestraft. 
Daß das Tragen von Waffen zu Unfug Anlaß gab, ist wohl selbsiver- 
ständlich. Es war zwar strengstens verboten, entblößte Waffen auf der Straße 
zu tragen. Und doch ereigneten sich Bedrohungen auf offenem Platze mit 
gezogener Wehr oder mit dem Dolch wiederholt, besonders auch nächtlicher 
Weile. 
Ueber das Wort „Beschau" mochte man damals einen ähnlichen 
Aerger haben wie etwa heute über eine oftmalige Zollrevision. Denn „be- 
schaut" wurde gar alles — das Fleisch, das Brot, das Garn der Leinweber, 
die Häute, das Tuch, die Rauchfänge und der Mensch selbst. 
O, diese „BeschauleuteI" Diese „Satzleute!"!) Dem Metzger geht die 
Galle über, wenn er sie sieht — er denkt an seine „ungerechten" (= unrichtig 
zubereiteten) Bratwürste unter dem Fleischtisch und an den 1 fl., den er hie- 
für als Strafe zahlen muß. Und so nimmt er seine Zuflucht zum schimpfen 
— er kann sich nicht mehr helfen, wenn es ihm auch einen weiteren fl. 
kostet. Das war wieder einmal ein schlechter Tag für ihn! Den Verlust denkt 
er aber wieder reichlich hereinzubringen durch billigen Einkauf! Aber wehe, 
wenn der Beschaumann sein „mailiges oder pfinniges Fleisch" oder das 
„geilige Schweinefleisch" entdeckt. Neue Strafe wartet dann seiner. Ein Fluch 
auf diese fürchterliche Lebensmittelpolizei — er hat ihn noch nicht ausge- 
sprochen, da legt schon die Frau Metzerin los. Und die kann's gut. Aber es 
nützt alles nichts. Der unbarmherzige Beschaumann weiß auch für ihren losen 
Mund ein Schlößlein — in Gestalt eines blanken Guldens, den er für diese 
Erleichterung des Herzens fordert. Gefallen lassen mußten sich diese „Beschau- 
leute" viel, aber aufkommen konnte man ihnen nicht. 
Wie beim Fleisch, war es auch bei allen übrigen Lebensmitteln, Roh- 
Produkten und Erzeugnissen. Ein Leinweber benahm sich ungebührlich gegen 
die „Barchetbeschauer": „Die beschauen nach der roten Kirche oder einer, 
der mit blinden Würfeln spielt". Er will wvhl sagen, sie verstünden von 
seinem Barchent nichts. — Der Bäcker Spielvogl hinwieder erlaubte sich, die 
Brotbeschauer mit „ungleichen"*) Reden zu empfangen, als „laufen's 
daher wie die Schuster, das Brot zu pfächten""). Und der Bäcker Kobler 
wollte sie m sein Hans überhaupt nicht einlassen. 
Ein anderesmal kommen wieder „Beschauleute", um hoch oben auf den 
Häusern die Rauchfänge zu besichtigen. Sie finden Bretter über die Rauch- 
fänge gelegt und müssen daher wegen Feuersgefahr einschreiten. Fahrlässigkeit 
hinsichtlich der Bewachung des Feuers muß übrigens des öfteren geahndet 
werden. In anderen Häusern sind die Rauchfänge unsauber. Der Hafner vor 
dem vbern Tor (Braunauertor) muß 3 fl. zahlen, weil er seinen baufälligen 
Rauchfang noch immer nicht hat richten lassen. Der Brauer (Wierer) wird 
bei der Beschau natürlich grob und stößt den Marktdiener, der den Rauch- 
fang zu beschauen hat, von der Leiter. Das kostete ihn 2fl. 
x) Satz = Amtliche Bestimmung. „Satz und Ordnung der Handwerker . 
5) ungleich nicht angepaßt, unziemlich. 
3) pfächten (oder föchten und fachen) — mit dem richtigen Maß vergleichen, abeichen 
«der visieren.
	        
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