Volltext: Heimatkunde 5. Heft (5. Heft / 1912)

— 30 — 
gegriffen hatte. Selbst der friedliche Sebastian Hasenzagl gerät in Zorn 
und schimpft, weil er den Kürschner in Verdacht hat, als hätte er ihm bei 
seinem Pelz das rauhe Futter ausgewechselt. 
Auch vor der hohen Obrigkeit pflegten sich viele kein Blatt vor den 
Mund zu nehmen. Ungebührliches Verhalten auf dem Rathause gegen den 
Marktrichter (= Bürgermeister) war nicht so selten. Selbst „Wolf Mayer, 
Schulmeister", hatte sich „ungebührlich mit Worten gegen den Herrn Richter 
erzeigt" und ist deshalb mit Gefängnis bestraft und zur Zahlung von 1 fl. 
verurteilt worden. Was Wunder, daß sich dann auch ein Binder die Freiheit 
nahm und erklärte, was frage er nach dem Richterl Diese Rede mußte er 
mit 1 fl. büßen. Die Gemeindegewaltigen ließen damals überhaupt nicht lange 
mit sich spaßen. Ein Beispiel: Dem spöttischen Metzger Propst stel es im 
Jahre 1602 ein, über die Herren der Ratsstube sich abträglich zu äußern: 
Die von Ried könnten nicht einmal die Fleischbänke decken^); wie wollten sie 
das Rathaus decken! Als er hiefür zur Rechenschaft gezogen wurde, leugnete 
er und „verpfändete seine Zunge". Doch die Zeugen sagten wider ihn aus. 
Daher wurde er für seine „freventliche" Rede mit Gefängnis und mit 5 fl. 
gestraft. — dem „Lösegeld für seine Zunge". 
Der Bierbrauer Hans Badergruber — ein auch in Raufhändeln sehr 
erfahrener Mann — mußte wegen grober Worte vor dem Pfleger und Markt- 
richter zu 5 fl. verurteilt werden. Ueberhaupt gehörten die Bierbrauer nicht 
zu angenehmsten Leuten — die Folge des Alkohols, würde der eingefleischte 
Alkoholgegner sagen. An allen öffentlichen Händeln sind sie sehr stark beteiligt. 
Der Brauer Andre Stockinger verweigerte den Gehorsam, d. h. er ließ sich 
nicht einsperren; diese Weigerung kostete ihm noch 3 fl. (1606). Auch die 
Brauer Kaspar Lindacher und Georg Schöner müssen gleichfalls ihre Namen 
ziemlich oft im Strafregister verzeichnen lassen. 
Wer einen Ratsbürger einen „Narren" nennt, zahlt^2 fl. Die „Steuer- 
Herren" von heute mögen sich trösten, wenn sie nicht immer mit freundlichen 
Blicken angesehen werden. Mit ihren Kollegen von einst ging man viel 
weniger glimpflich um; diese mußten sich manche Ungebühr bieten lassen. 
Nicht anders verfuhren die derben Brauer mit den „Getreidebeschreibern". 
Und erst der Marktdienerl Denn der Knecht soll es nicht besser 
haben als der Herr. Die Verbrecher, die er einbringt, will man ihm entreißen 
(Strafe 3^/s fl ). Schläge muß er sich des öfteren gefallen lassen. Und ein 
Schneider zieht sogar das Messer gegen ihn. 
Das Messerstechen scheint damals schon zu den beliebten „Heldentaten" 
gehört zu haben. So traktierte der Standlmüller seinen eigenen Stiefsohn 
beim Zeilinger Bräu mit einem Brotmesser lebensgefährlich. 
„Leichtfertigkeit" (Unsittlichkeit) wurde mit 3 fl. bestraft. Ebenso wird 
gegen das unerlaubte Spiel eingeschritten. Fraß und Völlerei blieben nicht 
ungeahndet: Andre Pöttinger hat wider die Polizei(-Ordnung) an einer Hoch- 
zeit zu viel über die Mahlzeit genommen (Strafe: über 1 fl.); Balthasar 
Trsuner, Brauer, hat ebenfalls über das Biermahl zu viel genommen (Strafe 
1 st.). Gotteslästerungen, Fluchworte gabs zu allen Zeiten — ein Bäcker- 
*) — Dach decken.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.