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gegriffen hatte. Selbst der friedliche Sebastian Hasenzagl gerät in Zorn
und schimpft, weil er den Kürschner in Verdacht hat, als hätte er ihm bei
seinem Pelz das rauhe Futter ausgewechselt.
Auch vor der hohen Obrigkeit pflegten sich viele kein Blatt vor den
Mund zu nehmen. Ungebührliches Verhalten auf dem Rathause gegen den
Marktrichter (= Bürgermeister) war nicht so selten. Selbst „Wolf Mayer,
Schulmeister", hatte sich „ungebührlich mit Worten gegen den Herrn Richter
erzeigt" und ist deshalb mit Gefängnis bestraft und zur Zahlung von 1 fl.
verurteilt worden. Was Wunder, daß sich dann auch ein Binder die Freiheit
nahm und erklärte, was frage er nach dem Richterl Diese Rede mußte er
mit 1 fl. büßen. Die Gemeindegewaltigen ließen damals überhaupt nicht lange
mit sich spaßen. Ein Beispiel: Dem spöttischen Metzger Propst stel es im
Jahre 1602 ein, über die Herren der Ratsstube sich abträglich zu äußern:
Die von Ried könnten nicht einmal die Fleischbänke decken^); wie wollten sie
das Rathaus decken! Als er hiefür zur Rechenschaft gezogen wurde, leugnete
er und „verpfändete seine Zunge". Doch die Zeugen sagten wider ihn aus.
Daher wurde er für seine „freventliche" Rede mit Gefängnis und mit 5 fl.
gestraft. — dem „Lösegeld für seine Zunge".
Der Bierbrauer Hans Badergruber — ein auch in Raufhändeln sehr
erfahrener Mann — mußte wegen grober Worte vor dem Pfleger und Markt-
richter zu 5 fl. verurteilt werden. Ueberhaupt gehörten die Bierbrauer nicht
zu angenehmsten Leuten — die Folge des Alkohols, würde der eingefleischte
Alkoholgegner sagen. An allen öffentlichen Händeln sind sie sehr stark beteiligt.
Der Brauer Andre Stockinger verweigerte den Gehorsam, d. h. er ließ sich
nicht einsperren; diese Weigerung kostete ihm noch 3 fl. (1606). Auch die
Brauer Kaspar Lindacher und Georg Schöner müssen gleichfalls ihre Namen
ziemlich oft im Strafregister verzeichnen lassen.
Wer einen Ratsbürger einen „Narren" nennt, zahlt^2 fl. Die „Steuer-
Herren" von heute mögen sich trösten, wenn sie nicht immer mit freundlichen
Blicken angesehen werden. Mit ihren Kollegen von einst ging man viel
weniger glimpflich um; diese mußten sich manche Ungebühr bieten lassen.
Nicht anders verfuhren die derben Brauer mit den „Getreidebeschreibern".
Und erst der Marktdienerl Denn der Knecht soll es nicht besser
haben als der Herr. Die Verbrecher, die er einbringt, will man ihm entreißen
(Strafe 3^/s fl ). Schläge muß er sich des öfteren gefallen lassen. Und ein
Schneider zieht sogar das Messer gegen ihn.
Das Messerstechen scheint damals schon zu den beliebten „Heldentaten"
gehört zu haben. So traktierte der Standlmüller seinen eigenen Stiefsohn
beim Zeilinger Bräu mit einem Brotmesser lebensgefährlich.
„Leichtfertigkeit" (Unsittlichkeit) wurde mit 3 fl. bestraft. Ebenso wird
gegen das unerlaubte Spiel eingeschritten. Fraß und Völlerei blieben nicht
ungeahndet: Andre Pöttinger hat wider die Polizei(-Ordnung) an einer Hoch-
zeit zu viel über die Mahlzeit genommen (Strafe: über 1 fl.); Balthasar
Trsuner, Brauer, hat ebenfalls über das Biermahl zu viel genommen (Strafe
1 st.). Gotteslästerungen, Fluchworte gabs zu allen Zeiten — ein Bäcker-
*) — Dach decken.