Volltext: Heimatkunde 2. Heft (2. Heft)

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reichern) überfallen, es erleidet große Verluste. Dann werden wieder Zell„ 
Neumarkt und andere ober österreichische Orte geplündert, Schändung und 
Mord, Kirchenraub und Sengen und Brennen folgen mit. Nach einer Nieder¬ 
lage der Bayern (bei Donauwörth 1704) fällt daS Jnngebiet in die Hände 
Oesterreichs und besonders Ried hat durch kaiserliche Besatzungen üble Tage. 
Offiziere und Mannschaft sind gegen die Bayern unsäglich grob, nennen sie 
„bayrische Hunde" und „Bestien", so daß sich auf bayerischer Seite bald das 
Sprichwort durchsetzt: „Lieber bayerisch sterben, als in des Kaisers Kot ver¬ 
derben" (vgl. Lamprecht, Raab S. 109). Eine Verschwörung bayerischer 
Bauern, die sich von diesem Regimente befreien wollen, wird entdeckt, die 
Bauern erleiden eine Niederlage (Jänner 1706), das bayerische Geblet ist 
arg mitgenommen. 
Die dritte Periode, in der sich der Gegensatz zwischen dem österreichischen 
Landl und dem bayerischen Jnnviertel besonders betätigen konnte, ist die Zeit 
des österreichischen Erbfolgekrieges (1740—1748.) 
Bayern steht wiederum auf Frankreichs Seite. Die Oesterreicher hausen 
wild in Bayern und rücken roh gegen seine Bewohner. Sie schneiden z. B. 
den Gefangenen Ohren und Nasen ab. Und selbst nach dem Frieden zu 
Füßen (1745) bedrücken die Bayern noch die Nachbarn, so beklagen sich die 
Rredauer im Jahre 1765 in Linz über bayerische Husaren und Freijäger, die 
in Maulangelegenheiten so recht „unsachlich" vorgingen. 
Erst den 13. Mai 1779 kommt durch den Teschener Frieden unter 
Josef II. das Jnnviertel (eine Bezeichnung, die erst in der kaiserlichen Denk¬ 
schrift, April 1779, zum erstenmal auftaucht) an Oesterreich. Unter diesem 
neugeprägten Ausdruck (früher heißt es Jnnbayern) versteht man das Gebiet 
zwischen Inn—Salzach—Hausruck, Salütwald und Donau. Derjenige Teil 
Oesterreichs aber, an den das Jnnviertel unmittelbar angegliedert wird, heißt 
bereits im 16. Jahrhundert „das Ländl"') (ä---helles a = ä). 
Es ist ohne weiteres einzusehen, daß mit dieser Vereinigung von Jnn¬ 
viertel und Oberösterreich nicht auch die Gegensätze, die Jahrhundeete bereits 
existiert hatten und stets angewachsen waren, behoben waren. Sondern als 
z. B. die österreichische Besatzung nach dem Frieden in Ried einzog, verübte 
sie noch arge Mißhandlungen an den bayrischen Beamten und Gendarmen 
und die Phrasen, die damals offiziell die Zeitungen brachten und von Dank 
und Wärme für das neue Regiment überstossen, waren sicher nicht von 
Herzen gekommen.^) Es wäre auch nicht möglich gewesen. Geschichtlich 
begründete Differenzen lassen sich durch ein Jahrhundert nicht verwischen. 
Das merken wir eben auch heute noch, wenn wir das Verhältnis 
zwischen Jnnviertel und Landl betrachten. Heute freilich ergehen sich die 
Ausflüsse der Gegensätze nicht mehr auf politischem oder gar antipatriotischem 
Gebiete, sondern sie glimmen noch fort im innersten Getühle und Bewußtsein 
des Einzelnen wie der Masse eines jeden der beiden Gebiete gegenüber den 
Nachbarn. Und nun wird unS all' das klarer werden, was wir — ob wir 
nun Innviertler oder Landler sein wögen — von Jugend auf hörten über 
Innviertler oder Landler. Dabei möchte ich noch auf jene Bemerkungen zu- 
's Bergt, meinen Nachweis a. a. Orte („Ländl ob der Enns"). 
') Bergt. Lamprecht-Lang, Aurolzmünster rc. Ried 1906. S. 7».
	        
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