Volltext: Heimatkunde 1. Heft (1. Heft)

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„Märtyrers und Nothelfers Florian als unseres sonderbaren (= besonderen) 
und großen Patrons" am 4. Mai (Florianstag) zwei figurierte (= mit Figural- 
musik) Aemter abgehalten werden. Am Vorabend soll die Vigil, am Tage selbst 
auf dem St. Johannsaltar zuerst ein Seelenamt gesungen werden, wobei nach 
dem ersten Evangelium die Namen der verstorbenen Bruderschaftsmitglieder 
zu verlesen sind und für sie ein Gebet zu verrichten ist. Hierauf folgt das 
Lobamt. Die Bruderschaft hat hiefür jährlich 7 fl. einerseits an die Kirche, 
anderseits an die ausführenden Organe nach Verrichtung der Gottesdienste zu 
zahlen. Ferner erhalten die Armen, „so vor der Kirche sitzen und dem Gottes- 
dienste beiwohnen," 20 kr. auf die Hand. Von Seite der Gemeinde bestätigte 
der Marktrichter Samuel Mayer durch Bestegelung die Belastung des 
Bruderschaftsgutes.') 
Aus diesem Briefe ersehen wir für die Namengebung der damaligen 
Zeit die Vorliebe für alttestamentliche Taufnamen, wie Adam, Abraham, 
Samuel und Joachim. F. B. 
23. Die hl. Sippe z« Obernberg und ihr Meister. 
Die Renovierung des St. Anna-Altares in der Pfarrkirche zu Obernberg, 
die in den letzten Monaten durchgeführt wurde, ruft die Erinnerung an ein 
höchst eigenartiges Schnitzwerk aus dem Beginne des 16. Jahrhunderts wach, 
das aus diesem Altare seine Aufstellung gefunden hat. Es ist eine sogenannte 
hl. Sippe, in welcher der Künstler ein gemütvolles Idyll, das Spielen des 
Christusknaben, dargestellt hat. 
Zu beiden Seiten sitzen Maria (links) und Anna (rechts) in faltigen 
Gewändern, etwas nach vorne gebeugt. Das Christuskind eilt aus den schützenden 
Armen der Mutter der Großmutter Anna entgegen, die ihre Hände dem 
Knaben entgegenstreckt. Rückwärts, früher wahrscheinlich durch eine hohe 
Schranke von den Frauen getrennt, was wir aus einer ganz ähnlichen Gruppe 
zu Neuötting schließen können, sind die Brustbilder des hl. Josef und der 
drei Männer der hl. Anna, Joachim, Kleophas und Salomas angebracht. 
Sie sehen dem Spiele zu. Eine derartige Darstellung sind wir in unseren 
Kirchen nicht mehr zu sehen gewohnt. 
Dem Konservator am bayrischen Nationalmuseum in München, Doktor 
Philipp Hatm, ist es geglückt, den Meister dieser Schnitzarbeit festzustellen*). 
Sie stammt von dem hervorragenden Meister Matthäus Kreniß, der in 
Eggenfelden als Bildhauer und Steinmetz eine fruchtbare Tätigkeit ent» 
faltet hat und neben Jörg Gärtner in Passau sowie Stephan Rottaler in 
Landshut zu den Bahnbrechern der Frührenaisfanceplastik in Niederbayern 
zu zählen ist. Hier sei nur hingewiesen auf seine bedeutendste Schnitzarbeit, 
die von uns allen leicht besichtigt werden kann, die drei prächtigen Türen der 
Stiftskirche in Altötting. Wohl mancher von unseren Lesern hat sie schon 
gedankenlos geöffnet — mag sein, daß ihn andächtiges Versunkensein nicht 
darauf achten luß. Ein nächstesmal wollen wir sie genauer besichtigen, vor 
1) Der Gegenbries mit Einschaltung der Stiftungs-Urkunde (Original-Pergament) ist 
im Besitze des Herrn Brennereibesitzers Rasberger. 
2) Vgl. Halm, Die Türen der Stiftskirche in Altöiting und ihr Meister in der Zeit- 
schrist „Die christliche Kunst", 1. Jg. (1905) S. 121 ff. 
Rieder Heimatkunde 13.
	        
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