Objekt: Oberösterreichischer Preßvereins-Kalender auf das Jahr 1913 (1913)

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Kaiser Zosef-Anekdoten 
gelegentlich dessen Besuches der Städte Linz und Steyr inr Jahre 1786. 
Von Johann B. Mittendorfer. Nachdruck verboten. 
n Linz war immer das Gasthaus „zur 
weißen Gans" am Hofberg (nachmals 
„zum bayerischen Hof", jetzt Privathaus) 
das Absteigquartier des unvergeßlichen Volks 
kaisers Josef II. An der Stirnseite des 
Gebäudes ist eine Gedenktafel aus Marmor 
angebracht, welche folgende Widmung trägt: 
„Dem Andenken des unvergeßlichen Kaiser 
Josef, welcher in den Jahren 1783 und 
1786 in diesem Hause wohnte. Die Landes 
hauptstadt Linz am 13. März 1870." 
So oft sich nun der Kaiser öffentlich 
zeigte, war er immer von einer festlich 
gekleideten und freudig gestimmten Volks 
menge umgeben. Das schien aber Josef nicht 
zu behagen. Er frug seine Umgebung: „Ist 
denn heute ein Feiertag?" und als es ihm 
verneint wurde, sagte er barsch: „So soll 
man arbeiten". Der Monarch beruhigte sich 
erst, nachdem man ihm versicherte, die 
Leute seien aus Liebe und Anhänglichkeit 
gegen seine Person und um ihn persönlich 
kennen zu lernen, zusammengeströmt. 
Hierauf begab er sich in die Domkirche, 
um einer heiligen Messe beizuwohnen. Man 
hatte für ihn einen Betstuhl mit Kissen und 
Tapeten geschmückt. Diese räumte der Kaiser 
auf der Stelle weg, indem er sprach: „Vor 
Gott sind wir alle gleich!" 
Nach dem Gottesdienste inspizierte er 
die Staatsbuchhaltung, dabei fragte er: 
„ob es brav Rückstände gebe", als man es 
bejahte, äußerte er: „Buchhaltungen müssen 
Rückstände haben, sonst hört sich die 
Arbeit auf." 
Als er später das Kloster der WW. 
Elisabethinen mit einem Besuch beehrte, 
meinte er gelegentlich: „Da ist wirklich alles 
bombenfest." 
Der Wirt „zur weißen Gans" hatte 
einen winzigen, buckeligen Hausknecht namens 
Adam. Dieser -verstand das Kutschieren vor 
trefflich, daher mußte er den Kaiser überall 
herumführen. Er tat es auch zur großen 
Befriedigung seines hohen Passagiers, welcher 
ihm erlaubte, sich eine Gnade auszubitten. 
Treuherzig bat nun unser Adam den 
Monarchen, um die Gnade der Militär- 
befreiung. Anfänglich stutzte Josef — dann 
aber brach er in ein schallendes Gelächter 
aus und sagte: „Damit du siehst, daß es 
mir mit meinem Versprechen ernst ist, nimm 
dies zum Andenken an diese Stunde", dabei 
überreichte er dem nun glücklich vom Militär 
befreiten „buckeligen" Adam zwölf Stück 
Dukaten. 
Frau Therese Mayr geb. Pustet 
f am 28. März 1912 
Buchhändlers-Witwe in Linz, eine hochachtbare 
Dame, große Wohltäterin der Armen und Förderin 
der katholischen Presse. 
Von Linz fuhr der Kaiser nach Steyr. 
Beim sogenannten Schnallenberge stieg er 
aus und traf da einen Mann, welcher auf 
jemand zu warten schien. Der Regent fragte 
ihn, was er da mache, worauf ihm der 
Fremde erwiderte: „er warte auf den Kaiser, 
welcher da vorüberkommen müßte". Da
	        
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