Volltext: Der Naturarzt 1900 (1900)

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Hausgrundstück im Jahre 1890 11,7 Bewohner 18985 schon 12,1. — Ja, es 
ergab sich, dass auf ein Hausgrundstück in den Landgemeéeinden oft mehr Be— 
vwöhner kamen, als in den Städten der gleichen Grössengruppe. So kamen in 
den Städten mit über 15000 Einwohner auf das Hausgrundstück durchschnittlich 
17,1 Bewohner; in den Landgemeinden dagegen durchschnittlich 38,56. In den 
dtüdten mit über 10000 EBinwohner kamen 15,6, in den gleich grossen Land- 
gemeéeinden dagegen 20,5 Bewohner auf das Hausgrundstück. Selbst bei weniger 
Als 2000 Einwohnérn kamen in den Landgemeinden noch 7,7, während in den 
gleieh grossen Städten nur 7,6 Bewohner auf das Hausgrundstück kamen. — 
DPiese Ziffern zeigen deutlich, wie die Verbreitung der Industrie in Sachsen 
das System des Mietshauses, ja der Mietskaserne, auf dem Lande eingebürgert 
hat. Dasselbe Resultat findet sieh auch in anderen Industriegegenden. Ueberall 
wo grosse Fabriken auftauchen, verschlechtern sich im allIgemeinèên die Wohnungs- 
verhältnisse, weil Nachfrage und Angebot nicht gleichen Schritt hält. — Diesen 
Zustand, der an und für sich schon bedauerlich ist, haben manche Stàdte noch 
gefördert, indem sie die Erbauung von Pabriken in ihrem Gemeindebezirk 
iurch Steuerermässigungen erleichterten, ohne sich darum zu kümmern, wie nun 
lie Arbeéiterfamilien, die naturgemüss der Fabrik nachzogen, Wohnung. fanden. 
Dass unter solchen Umständen der Gesundheitszustand, trotz der vorzüglichen 
Luft ausserhalb der Wohnungen, innerhalb der Wohnungen nicht gefördert 
wurde, und dass eine Ueberfüllung der vorhandenen Wohnungen unvermeidlich 
war, dies bedarf wohl weiter keiner Erörterung. — 
Gleichzeitis aber wurde der Privatspekulation Thür und Thor geöffnet, 
um Massenmietshäuser in die Welt zu setzen, deren Beschaffenheit in gesund- 
heitlicher Beziehung von Seiten der Bevölkerung nicht lange geprüft werden 
durfte, da ja doch ein jeder mindestens ein Obdach haben muss. F 
Wem es die Veérbaltnisse gestatten, an jedem beliebigen Platze sein Heim 
aufzuschlagen, der wird nicht leicht in die Lage Kommen, seine Wohnung als 
Ursache von Krankheiten-anschuldigen 20 müssen. Anders verhàlt sich die 
Sache bei dem Minderbegüterten, dem an die Scholle gefesselten Beamten oder 
Arbeiter, namentlich in einem stark bevölkerten Fabrikorte. Pr muss nehmen 
was er findet, er muss seinem Rinkommen entsprechend eine Wohnung mieten, 
die er ohne den Druck der äusseren Umstände nimmermehr bezogen hätte, 
weil er sie für sich und die Seinen als sanitär äusserst schâdlich erkennt. 
So ergeht es nicht einzelnen, so ergeht es Tausenden, und es wird hohe Zeit, 
dass durch Auf klärung über, die Wohnungshygiene auf die grosse Menge dahin 
eingewirkt wird, dass sie zur Erkenntnis Kommt, um der Spekulationswut ge- 
vwissenloser Häusererbauer entgegenzuwirken, um sie zu 2wingen, nicht nur dem 
Geldsack, Sondern auch der Gesundheit ihrer Mitmenschen gerecht zu werden. 
— Hat sich erst die Erkenntnis Bahn gebrochen, wie eéine gesunde Wohnung 
bdeschaffen sein muss, so wird auch die Lösung der Wohnungsfrage rationell 
In Angriff genommen werden kKönnen. WGin weiterer Artikel folgt.) 
Krankenkassenfrage. 
Es wird lLient! 
Die Ortskrankenkasse für das Buchdruckgewerbe zu Berlin ver- 
öffentlicht ihren Rechenschaftsbericht per 1899 und Klingt auch hier die Klage 
über die Medizinverschwendung hindurch, ja — der medizinfreundlich gesinnte 
Vorstand singt sogar am Schlusse ein Loblied der Naturheilmethode. Es sei 
bemerkt, dass die Kasse auch einige Naturarzte angestellt hat. In dem Bericht 
heisst es U. a53. 
„Dagegen ist dise Ausgabe für Arzneéien und Heilmittel gewaltig empor 
geschnéllt, sie betrug 69 410. 49 Mk. gegen 667 34. 21 MK., ist also um 12676.28 
Mark höher. Bezahlt wurden für Wéein 581.70 Mk. (624. 415 MKk.), Milch 4416. 97
	        
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