Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Gewicht auf die Nachahmung von Entzündung und Fieber legt und fast 
nur einzig und allein auf die Ausscheidung von Krankheitsstoffen und Auf 
bau neuer Zellen durch Diät, Liöht, Luft u. s. w. bedacht war. Nun ist 
das syphilitische Gift aber ein solches, dass, wenn ein Teil der kranken 
Zellen durch Dampfbäder, Packungen etc. in den Stoffwechsel gebracht 
wird, es sich sofort wieder auf die, durch natürliche Nahrung etc. aufge 
frischten Zellen von neuem stürzt. Wohl wird die Giftigkeit des syphiliti 
schen Agens bei jedem solchen Neuangriff bedeutend .abgeschwächt, aber es 
dauert ziemlich lange, bevor alle Körperzellen entgiftet sind. Und bei 
gewissen Individuen, z. B. bei Trinkern wird das syphilitische Gift über 
haupt nicht abgeschwächt. Daher liesst man in allen naturärztlichen Zeit 
schriften, dass die Syphilis zu ihrer Heilung lange Zeit, ja oft Jahre bean 
sprucht und dass sie überhaupt nur in Naturheilanstalten gründlich zu 
behandeln ist. Wie aber selbst in Naturheilanstalten, welche von erfahrenen 
approbierten Naturärzten geleitet werden, die Syphilis unter Umständen, 
trotz monatelanger Kur nicht heilt, das hat ja kürzlich Mracek gezeigt und. 
das war ja schon früher für jeden Eingeweihten kein Geheimnis. 
Legen wir uns nun die Erage vor: Wie vernichtet der Organismus 
durch Entzündung und Eieber das syphilitische und andere Blutgifte? Ent 
zündung und Eieber sind eigentlich im Wesen fast eins: Was die Entzündung 
für einen örtlich beschränkten Kreis von Körperzellen ist, das ist das Fieber 
für alle Körperzellen. Die Entzündung ist ein Heilbestreben des Organis 
mus, sie bezweckt, dass Eremdstoffe (sogenannte Entzündungserreger) 
dadurch unschädlich gemacht werden, dass sich u^n den Eremdstoff gewisse- 
Arten von Blutzellen (Leücocyten) sammeln und den Eremdstoff durch 
Ausscheidung von Eebrin (Faserstoff) einsargen. Daher beobachten 
wir bei allen Entzündungsvorgängen Ausschwitzungen. Diese Fibrin 
ausschwitzungen sind auch bei der Syphilis in Gestalt von Hautknoten,. 
Ausschlägen etc. vorhanden, und bei der Lungen-, Brustfell-, Bauchfell-, 
Gehirn-, Gelenks- und anderen Entzündungen spielen sie ja eine bekannte- 
,Bolle. — 
Dadurch nun, dass sich durch irgend eine Körperstörung Fibrin aus seiner 
lebenden, an die Blut- und Gewebszellen gebundenen Eigenschaft loslöst, 
wie es z. B. bei den Entzündungen der Fall ist, wirkt es als Eremdstoff und 
gleichzeitig auch als Eiebererreger. So geheimnisvoll das klingt, so natür 
lich geht dieser Vorgang vor sich. Wenn nämlich die kleinsten Teilchen 
eines Körpers (z. B. Wasserdampf) aus dem beweglichen Zustand in den 
festen oder flüssig-festen (Wasser) übergehen, so wird Wärme frei. Genau 
dasselbe, findet in unserem Körper statt: Wenn das bewegliche Blutfibrin in 
eine festere Lösung (Gerinnung) übergeht, so wird Wärme frei, wir haben 
Fieber. Man kann das Experiment selbst dadurch nachprobieren, dass man 
zur Milch, welche ja auch sehr viel Eibrineiweiss enthält, etwas Essigsäure 
zusetzt. Durch die Essigsäure gerinnt auch das Milcheiweiss und es wird 
Wärme frei. 1 / 4 Liter derartig behandelte Milch nimmt ja nach dem Zusatz, 
von einigen oder mehreren Tropfen Essigsäure eine Temperaturerhöhung 
von 1, 2, 3 ja bis 3,5 6 C. an. Und in der That weisen alle Vorgänge beim 
Fieber und bei der Entzündung darauf hin, dass grosse Mengen Fibrin aus- 
ihrer natürlichen, lebenden Verbindung herausgerissen und bis zu einem 
.gewissen Grade zur Gerinnung gebracht worden sind. Das so mehr oder 
weniger geronnene Fibrin finden wir in den Entzündungsprodukten (Aus 
schwitzungen). Je länger ein Eieber und eine Entzündung dauert, desto 
ärmer wird das Blut an Febrin, weil das Blutfebrin zu den Särgen gebraucht 
wird, in welche die Infektionsstoffe eingesargt werden. So sargt also der 
Organismus seine Feinde ein und macht sie unschädlich. 
Durch Mangel an Natron im Blute kann das flüssige Blutfibrin 
leicht gerinnen und sich dort ablagern, wo es zur Einsarg.ung von 
Fremdst offen gebraucht wird. Beim Eieber fällt nämlich der Natrongehalt 
von 36% bis auf 15%, ja sogar noch darunter. Wie jede Hausfrau
	        
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