Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Heilberichte. 
Blut-Vergiftung. 
Mitgetheilt von L. Sch me ding - Quedlinburg. 
Wie unschön es ist und wie gefährlich es werden kann, wenn Kinder 
•die üble Angewohnheit haben, stets mit den Fingern in der Nase zu bohren, 
<zeigt folgender Fall: Am Morgen des 7. Oktober 1898 liess mich der Schuh 
macher H . . . liierselbst zu seinem 10jährigen Sohn rufen, welcher, wie mir 
gesagt wurde, stark fieberte. Als ich hinkam und das Kind untersuchte, fand 
■ich nicht nur die Angabe betreffs des Fiebers — es waren nämlich 40,5 0 — 
vollauf bestätigt, sondern die Nase des Kleinen war auch noch stark gerötet 
und geschwollen. Ich konstatierte Blutvergiftung. Auf Befragen der Eltern, 
ob mit der Nase vielleicht etwas Besonderes vorgegangen sei, gaben dieselben 
mir zur Antwort, sie wüssten weiter nichts als nur, dass das Kind die An 
gewohnheit hätte, stets mit den Fingern in der Nase zu bohren, Aus diesen 
Angaben schloss ich nun, dass wahrscheinlich infolge des Bohrens mit den 
scharfen Fingernägeln die Nasenschleimliaut verletzt worden war und kleine 
Bchmutzteilchen, die sich gewöhnlich hinter den Nägeln verborgen halten, durch 
die geschaffene Wunde ins Blut gelangt waren und somit eine Blutvergiftung 
hervorgerufen hatten. 
Ich verordnete nun Packungen, Halbbäder, Klystiere und Nasenspülungen, 
um einenteils die Höhe des Fiebers herabzumindern und andernteils die Aus- 
scheidungsorgane kräftig anzuregen, damit das Grift dem Körper entzogen 
wurde. Als ich am folgenden Morgen meinen Besuch erneuerte, fand ich, dass 
sich das Fieber w r ohl etwas gelegt hatte, aber die Geschwulst der Nase hatte 
•sich nunmehr auch auf das ganze Gesicht ausgedehnt. Auf der Nase selbst 
hatten sich sogar mehrere erbsengrosse Bläschen, welche ein blankes Filtrat 
'enthielten, gebildet. Ich verschärfte nun meine Verordnung, indem ich neben 
den anderen Anwendungen noch Sitzbäder geben liess, um so noch besser 
vom Kopfe ableitend zu wirken. Meine Verordnung w r ar denn auch von Erfolg 
gekrönt, denn am dritten Tage w r ar nicht allein die starke Geschwulst bedeutend 
zurückgegangen, sondern das Fieber war auch nur mässig mehr. Die Ver 
ordnungen wurden nun noch ein paar Tage so beibehalten und am sechsten 
Tage war die Krankheit soweit gewichen, dass der Patient als geheilt betrachtet 
werden konnte. 
Man sieht also aus dem obigen Beispiel zur Genüge, wie gefährlich es 
werden kann, wenn Kinder die Angewohnheit haben, mit den Fingern in der 
Nase zu bohren und darum möchte ich die Eltern und ganz besonders die Mütter 
darauf aufmerksam machen, dios nie dulden zu w T ollen. 
Gewerbe- und Wohnungshygiene. 
— Geräumige Wohnungen. In Gent war dieser Tage folgende von einer 
grossen Anzahl Arbeiterfrauen Unterzeichnete Affiche an den Strassenecken 
aufgeklebt: „Ihr Herren Mönche! In den Klöstern der Augustiner, Prädi 
kanten, Jesuiten, Discalins und Becollets leben im ganzen kaum 150 Personen 
auf einem Flächenraum von 40 000 Quadratmetern, wobei die Kirchen und 
Kapellen, die dazu gehören, nicht einmal mitgerechnet sind. In den Arbeiter 
vierteln der Stadt müssen auf einem gleichen Flächenraum 5000 Menschen 
w r ohnen. Wollt Ihr uns nicht etwas Platz abgeben? Wir sehen kein anderes 
Mittel, zu gesunden Wohnungen zu gelangen. Die Sterblichkeit in dem 
Armenviertel ist um 100 Prozent grösser als in den anderen Stadtvierteln p 
Vater, Mutter und Kinder müssen wie Kaninchen in einem Käfig bei einander 
schlafen. Das hat für die Moralität die schlimmsten Folgen und Ihr w r erdefc 
doch die Fortdauer eines solchen Zustandes nicht wünschen, wo Ihr mit einem
	        
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