Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Grad höher ist, als sie normalerweise für den Genuss der warmen Nahrungs 
mittel anzeigen soll. Lieber mögen die Tischgäste fünf Minuten warten, als 
dass die Suppen, Gemüse etc. glühend heiss aufgetischt werden, denn nicht 
jeder hat die Langmut, dem hungrigen Magen eine kleine Wartezeit auf 
zuerlegen und so kommt es, dass teils die Speisen in höchst unästhetischer 
Weise kalt geblasen werden oder dass die Gierigen den Löffel Suppe oder 
den Bissen Speise unter Gesichterschneiden auf der Zunge balanzieren oder 
im Munde umherwälzen, bis sie glauben, ihn ohne erhebliche Schmerzen ver 
schlucken zu können; — oft genug nehmen sie als Quittung für ihr un- 
hygienisches Verhalten und ihre Ungeduld eine verbrannte Zpnge mit in den 
Kauf, welche ihnen den Best des Essens verleidet. Kommen dennoch die 
Speisen zu heiss auf den Tisch, so hat der Haushaltungsvorstand die Pflicht, 
zu gebieten, nicht eher Löffel, Gabel und Messer in Bewegung zu setzen r 
bevor die gehörige Abkühlung der Speisen eingetreten ist, — besonders 
Kindern gegenüber sollte man diese Massregel streng innehalten, um sie vor 
dauerndem Schaden zu bewahren und nicht den zarten Körper für oben an 
geführte Leiden vorzubereiten, von denen Zahnärzte und Magenärzte ein 
melancholisches Lied singen können. Man wird nie einen Fehler machen, 
wenn man warme Speisen und Flüssigkeiten kühler zu sich nimmt, als die 
allgemeine Norm angiebt, stets aber, wenn man sie überhitzt geniesst. Es ist 
zu wünschen, dass Aerzte und hygienisch gesinnte Laien dieser immerhin für 
die Gesundheit so wichtigen Sache ihr Augenmerk zuwenden. 
— Die Jubiläumsausstellung für allgemeine Hygiene und Naturheilkunde 
wurde am 19. August in Dresden von Max Canitz in feierlicher Weise er 
öffnet. Die stark beschickte Ausstellung gab ein ziemlich vollständiges Bild 
aller derjenigen Mittel, die zur Ausübung der Naturheilkunde und zur Unter 
stützung naturgemässer Hygiene erforderlich erscheinen. Allerdings wären 
alkoholische Getränke besser fortgeblieben, ebenso waren wir uns über den 
Zweck der Luxusbriefpapiere für die Gesundheitspflege nicht ganz klar. Wenn 
es denn doch schon einmal ohne Wein und sonstige Alkoholika nicht geht, so 
verdienen Donaths Beeren- und Apfelweine noch ehestens Erwähnung, da sie 
sehr alkoholarm sind. Geradezu ekelerregend auf die Geruchsnerven aber 
wirkten die sogenannten „alkoholfreien“ Weine der Dr. Nägelischen Fabrik in 
Worms. Den Glanzpunkt der Ausstellung bildeten in Gruppe I die von der 
Firma Moosdorf & Hochhäusler-Berlin ausgestellten Gegenstände, und in 
Gruppe II die fertigen vegetarischen Speisen der Dresdener Vegetarier. Das 
Arrangement der letzteren erregte nachgerade Sensation und übte eine grössere 
agitatorische Wirkung als viele langatmige Schriften und Vorträge. Dieser 
Teil verdiente die goldene Medaille — ob er ihm zu teil wurde, wissen wir 
nicht. — Moosdorf & Hochhäusler-Berlin hatten 5 Wellenbadschaukeln in ver 
schiedener Dekorierung zum Gebrauch als Wellenbad, Vollbad, Kinderbad, 
Sitzbad und Schwitzbad ausgestellt. 5 Künstler-Photographieen, welche als 
Souvenier verteilt wurden, zeigen gleichfalls die Vornahme der 5 verschiedenen 
Bäder durch hübsche Kinderpuppen und reizende Badenymphen. Ferner sahen 
wir die verschiedensten Apparate, wie sie zur Einrichtung einer Naturheilanstalt 
erforderlich sind. Ein elektrischer Lichtbadeapparat mit 48 Glühlampen, sowie 
einen nach allen Bichtungen drehbaren Apparat für örtliche Bestrahlung. Die 
bekannten Schwitzkasten für Arme und Beine, zum Sitzen und Liegen waren 
für Dampf- und .Heissluftbäder eingerichtet und mit verschiedenen Ver 
besserungen versehen. So lässt sich der Schwitzkasten für Volldampfbäder 
durch zwei sinnreich angebrachte Einlagen auch für Halb- und Fussdampfbäder 
verwenden. Eine Dampfdouche nach Köhler ist besonders für Anstalten sehr 
zweckmässig. Der Dampfbeliälter wird durch ein Gewicht in jeder beliebigen 
Höhe festgehalten und verhindert ferner, dass kondensiertes Wasser heraus 
geschleudert wird und eine Verbrühung stattfinden kann. Die von der Firma 
ausgestellten Gegenstände gaben ein recht erfreuliches Bild der Entwickelung 
des naturgemässen Kur- und Badewesens und hoffen wir gelegentlich unsern 
Lesern ein Bild von der Grossartigkeit und Ausdehnung der Fabrikation der
	        
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