Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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sich mehr und mehr, setzt allmählich immer länger aus, während sie nur 
1—2 Tage dauert. 
Da namentlich in letzterem Falle die üblen Folgen auch erst langsam, 
\mmerkbar eintreten, wird dieser Zustand viel zu spät bekämpft und setzt 
daher der Behandlung oft grosse Schwierigkeiten in den Weg. 
Die Ursachen für plötzliches Ausbleiben der Periode sind in Er 
kältungen, starken Gemütsbewegungen, als Angst, Schreck, Kummer, selten 
In Ueberau strengung zu suchen; letztere wirkt nur dann zurückhaltend, 
wenn der Körper bereits Neigung zu schwacher Menstruation hat. Solch 
plötzlicher Rücktritt des Blutes hat gewöhnlich auch plötzliche akute Er 
krankungen im Gefolge. Meine Praxis ergab einen Fall von Lungen 
entzündung und mehrere Fälle von leichterer und schwererer Unterleibs 
entzündung. Dabei handelte es sich stets um Patientinnen, welche seit 
Jahren Anhängerinnen unserer Methode waren, daher auch sofort die Ur 
sache ihrer Erkrankung zu beurteilen vermochten. So gelang es denn auch 
rasch die Leiden zu beseitigen, da dieselben mit Wiedereintritt der Periode 
naturgemäss schwanden. Ein Volldampf mit kaltem Schottenwickel, Halb 
bad 26° und kalte Schenkelbrause, darauf Bettruhe mit nassen Strümpfen 
und Wärmflaschen an den Füssen genügten, die Lunge vom Blutandrang 
zu befreien und dem Blute wieder seinen rechten Weg zu geben. Die 
Entzündungszustände im Unterleibe wichen auch einer 3—8tägigen Kur, 
welche in heissen Leibkompressen verbunden mit Wadenwickel, Wechsel- 
fussbädern, Beindampf mit kaltem Abguss und ähnlichen Anwendungen be 
standen. 
Schwieriger war die Behandlung zweier jüngerer Patientinnen, welche 
infolge von ausbleibender Periode in kürzester Zeit hochgradig bleichsüchtig 
geworden waren. Das eine junge Mädchen hatte sich eine sehr starke Er 
kältung während der Menstruation zugezogen, bei der anderen schienen alle 
<lrei Faktoren, Aufregung, Anstrengung und Erkältung zusammengewirkt 
zu haben. Der erste, einfachere Fall, wobei* die Bleichsucht seit etwa fünf 
Monaten bestand, war verhältnismässig leicht zu heben. Einige Ganzdämpfe, 
gefolgt von Halbbädern 26° und kalten Douchen zur Anregung von Blut 
lauf und Nerven, neben kräftiger Massage, besonders von Leib, Kreuz und 
Schenkeln, dazu einige 30° Sitzbäder mit kalter Kreuz- und Leibwaschung 
vorher und nächtliche Leibwickel führten in einigen Wochen zum ge 
wünschten Ziele. Mit Eintritt der Periode trat ein rascher Umschwung im 
Allgemeinbefinden ein. 
Sehr viel hartnäckiger erwies sich das Leiden bei dem anderen jungen 
Mädchen. Allerdings bestand dasselbe schon im Zweiten Jahre und hatte 
die Bleichsucht einen sehr hohen Grad erreicht, ohne dass andere Begleit 
erscheinungen dabei auftraten, als sehr grosse Müdigkeit, gedrückte 
Stimmung und zeitweilig Kopfschmerzen. Ganzmassagen, Luft- und Sonnen 
bäder nebst Anregungskuren, wie sie bei Bleichsucht üblich sind, als warme 
Bäder oder Dampfungen mit kalten Brausen, kalte Güsse, selbst Blitzstrahle 
nach den Sonnenbädern hatten nur den Erfolg, dass sich das Allgemein 
befinden besserte; gegenüber der Thätigkeit des Uterus blieben diese, sowie 
die bereits vorerwähnten örtlichen Behandlungen erfolglos. So wurde nach 
vier Wochen zur Innerbehandlung geschritten. Die Untersuchung ergab 
eine schneckenförmige Zusammenziehung des Uterus ohne bedeutende Ver- 
grösserung. Die Innermassage wurde durch Dampfdouchen auf die Becken 
gegend, scharfe kalte Brausen auf die seitlichen Mutterbänder und auf das 
Kreuz unterstützt, wobei die Uterusgegend durch trockene Kompresssen 
bedeckt wurde, um sie vor der Einwirkung des kalten Strahles zu schützen. 
Diese Spezialbehandlung in Verbindung mit ableitenden und Allgemeinkuren 
wurde noch weitere vier Wochen fortgesetzt und damit eine Streckung des 
Uterus erzielt. Der gewünschte Erfolg jedoch, das Wiedererscheinen der 
Menstruation, blieb doch aus. Kurze Zeit nach Rückkehr der Patientin ins 
Elternhaus erfreute sie uns mit der Nachricht, dass nun auch diese Störung
	        
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