Volltext: Der Naturarzt 1899 (1899)

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Wohnungen für die Fabrikbeamten und Arbeiter, sowie ein Arbeiterheim für 
die unverheirateten Leute, das für 215 männliche und 240 weibliche Arbeiter 
geschaffen wurde. Aber trotz der bedeutenden Kosten — sie beliefen sich auf 
568 000 Mark — stieg die Wohnungsnot immer höher. 
Da bot gerade im rechten Augenblicke die Versicherungs - Anstalt der 
Provinz Hannover den Kreiskommunal-Verbänden Geld zu 3 V 2 % an, wenn 
diese die Erbauung von Arbeiter-Wohnungen in die Hand nehmen wollten. 
Mit raschem Entschluss griff der Landrat des Kreises Blumenthal, Be.rth.o-ld, 
zu, und auf seine Veranlassung kaufte der Kreis einen Bauernhof zum Preise 
von 24 000 Mark, wozu später noch 9 Hektare kamen. Man teilte das 
gesamte Bauterrain in Baustellen ein 9 von denen jede einen halben 
Morgen gross war und 500 Mark kostete. Bald waren sämtliche 
Bauten vergriffen. Das Geld für den Bau der Arbeiterhäuser wurde von 
dem Spar- und Bauverein, den der Landrat Berthold gegründet hatte, sowie 
von der Versicherungs-Anstalt Hannover bereitwillig vorgestreckt. Dafür 
wurde als Bedingung gestellt: 1. Eine Miete von 3 V 2 %. 2. Ein Abtrag von 
jährlich 2 % des Baukapitals. Für ein bescheidenes Einfamilienhaus betrug 
der Preis 3000—4700 Mark. Dasselbe-' enthielt 2 Stuben, Küche, 3 Kammern, 
Keller, Bodengelass und Stallanbau. Dafür hatte der Arbeiter jährlich an 
Miete und Abgaben 117 Mark zu zahlen. Das ist wirklich eine bescheidene 
Summe, wenn man erwägt, dass der Mieter früher für dasselbe Geld nur halb 
so viel Bäume zur Verfügung hatte. 
Der Blumenthaler Spar- und Bauverein hatte seit seiner Gründung im 
Jahre 1894 bis zum Jahre 1897 96 Häuser erbaut und 12 übernommen, besitzt 
also im Ganzen 108 Häuser. Das ist in der That ein Erfolg, der auch weiterhin, 
zu den schönsten Erwartungen berechtigt. 
Wie in Blumenthal bei Bremen, so war auch in Danzig durch den Zuzug 
von Arbeitern, welche in den fiskalischen Fabriken beschäftigt wurden, die 
Wohnungsnot schier unerträglich geworden. Hier ist eine Gesundung der 
Verhältnisse besonders der Hochherzigkeit des Geheimrat Dr. A b e g g zu 
danken, welcher als vielfach beschäftigter Arzt die Not des kleinen Mannes 
zur Genüge kennen gelernt hatte. Er veranlasste seine Familie, aus einer 
kürzlich gemachten Erbschaft den Betrag von 60 000 Mark zu einer Stiftung 
behufs Errichtung gesunder Familienwohnungen für Arbeiter und kleine Hand 
werker herzugeben, Bald wurden, da auch der Danziger Hypotheken -Verein 
Geld zu billigem Zinsfusse hergab, in Danzig 18-Arbeiterhäuser errichtet. 
Aber dies waren zumeist grössere Wohnhäuser, für mehrere Familien 
berechnet. Um nun jedoch Einfamilienhäuser für Arbeiter errichten zu können, 
wandte die Stiftung, da in Danzig selbst der Grund und Boden zu teuer war, 
ihr Augenmerk auf die Vororte. An der Grenze .Neufahrwassers gelang es 
ihr, ein grosses Gelände zu erstehen, auf welchem binnen drei Jahren 47 
Arbeiter- und 8 bessere Häuser erbaut wurden. Eine noch grössere Bau- 
thätigkeit beabsichtigt man in dem Vororte Langfuhr zu entfalten. Hier wurde 
,ein Gelände von 29 000 qm zum Preise von 0,80 Mark pro qm angekauft, auf 
welchem gegen 120 Arbeiterhäuser errichtet werden sollen. 32 derselben sind 
schon fertiggestellt. Jedes dieser Häuser hat Vorgarten, Hof, Kloset, Stall, 
Keller, Küche, unten zwei und oben ein heizbares Zimmer. Der Preis dafür, 
beträgt 3200 Mark. 
Der Besitzer hat monatlich, so lange bis er Eigentümer geworden ist, 
zu zahlen: 16 Mark. Das macht jährlich 192 Mk. Von diesen 16 Mk. gelten 
13,34 Mk. gleich 160 Mk. jährlich als Miete, 2,66 Mk. gleich 32 Mk. jährlich 
als Abzahlung auf das allmählich zu erwerbende Haus. Jede Zahlung, ausser 
der für Miete geleisteten, verzinst die Stiftung mit 4%, so dass, wenn der 
Bewohner bei Abschluss des Vertrages 150 Mark angezahlt hat und die monat 
lichen Abzahlungen regelmässig einhält, er nach 12 Jahren etwa 600 Mark 
zu gut haben wird. Dann wird ihm das Haus für seine Kosten gerichtlich 
aufgelassen. Nun ist die Stiftung verpflichtet, den Best von 2600 Mark, 
welchen der Bewohner ihr noch schuldet, als erste Hypothek auf das Haus
	        
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