Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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Freilich jetzt finden wir die Tuberkulösen meist in überheizten Räumen, 
zwischen Kreosot und Cognak elend dahinsiechend. Man schicke 
die Patienten bei schönem Wetter ins Freie, im Winter lasse man 
sie bei offenem Fenster in geheizten Räumen. Wir möchten hier an 
regen, ob nicht die Kommunen in öffentlichen Parks 
eigene gedeckte Liegehallen für Lungenkranke er 
richten könnten, dieselben würden unvergleichlich billiger wie 
die Yolksheilstätten sein und jedenfalls grossen Segen stiften. 
Die Lungengymnastik kann ausserhalb der Anstalten ebenso 
gut vorgenommen werden, wie innerhalb derselben. Sie verbessert 
die Beschaffenheit und den Umlauf des Blutes und ist namentlich in 
den ersten und mittleren Stadien von unschätzbarem Werte. Die 
Apparate sind entbehrlich, Tiefatmungen, Schwimmbewegungen in 
der Luft, das künstliche Lachen, vor allem das Singen verdienen 
hervorgehoben zu werden. Radfahren ist nur im Beginn bei ge 
schlossenem Munde und in hygienischer Haltung, nicht in der üblichen 
gekrümmten Rennfahrerhaltung zulässig und recht vorteilhaft, in vor 
geschrittenen Stadien ist durch die erhöhte Herzaktion die Gefahr 
einer Lungenblutung gegeben, wie wir selbst innerhalb kurzer Zeit 
mehrere derartige Fälle zu beobachten Gelegenheit hatten. 
Genau zu regulieren ist der Speisezettel, und zwar ist derselbe 
in der Familie individueller einzurichten, wie in den Anstalten. Die 
Diät muss einmal dem „Schwinden“ des Körpergewichts entgegen 
arbeiten und dann mit den Verdauungsstörungen rechnen, welche 
gerade bei der Schwindsucht so häufig sind. Milch, vor allem Ziegen 
milch, steht noch immer obenan. Im übrigen hat die Erfahrung von 
llippokrates bis in die neueste Zeit gelehrt, dass animalische Stoffe 
dem Schwindsüchtigen nicht so vorteilhaft sind wie vegetabilische. 
Bei den nicht Fleisch geniessenden Menschen tritt die Krankheit 
seltener auf. Der Schwerpunkt ist jedenfalls neben der Milch auf 
Körner- und Hülsenfrüchte, Gemüse und Obst zu legen. Von den 
alkoholischen Getränken sind wir fest überzeugt, dass sie das Ende 
der Schwindsüchtigen beschleunigen, sie zwingen den Körper, der 
mit der Beseitigung des tuberkulösen Giftes gerade genug zu thun 
hat, auch noch mit dem alkoholischen Giftstoff fertig zu werden; 
zudem ist das alkoholisierte Gewebe, wie uns noch die Nachkommen 
der Trinker zeigen, gerade für die Entwickelung dieser Krankheit 
ein besonders fruchtbarer Boden. 
Von höchster Bedeutung sind endlich für den Lungenkranken 
die Wasseranwendungen. Zwei- bis dreimal am Tage sind 15° bis 18° 
Ganzwaschungen vorzunehmen mit recht sorgsamer Wiedererwärmung, 
sei es aktiv durch Bewegung, sei es passiv im Bett. Dieselben regen 
das Nervensystem an, bewirken eine Besserung des Blutumlaufs und 
öffnen die Ausscheidungswege. Aehnlich wirken 26° Halbbäder 
10 Minuten lang, die man mit Massage vereinigen kann, sowie 
Kneippsche Obergüsse und Luftbäder, die auch in den Zimmern 
recht erfolgreich ausgeführt werden können. 
Von Packungen kommen Brustumschläge und Schottenpackungen 
verbunden mit Wadenpackungen in Betracht, auch heisse Fussbäder, 
Beindampfbäder, Kneippsche Güsse leisten oft Gutes. Gegen den 
Hustenreiz sind Halspackungen und Gurgelungen, gegen die häufig
	        
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