Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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gern gehörter Redner. — Wir wären Herrn K. sehr dankbar, wenn 
der Artikel desselben einen Eindruck auf die Arbeiterpresse und 
einzelne Arbeiterführer machen würde, nach den bisherigen Er 
fahrungen sind jedoch gelinde Zweifel sehr berechtigt. 
Die Redaktion. 
Wie behandeln wir Kinderkrankheiten? 
II. 
Diphtheritis. 
Unsere freundlichen Leser werden es mir nicht übel nehmen, 
wenn ich mich bei Bearbeitung meines Aufsatzes über Diphtheritis 
noch einmal über das von vielen Seiten in den Himmel gehobene 
und dem Entdecker oder Erfinder vielmehr so einträgliche Heilserum 
ausspreche. Ich sage „in den Himmel gehobene“, denn in vielen 
medicinischen Zeitschriften werden noch immer so viele Lobes 
trompeten geblasen, dass man sich wundern muss, wie wenig in den 
selben Zeitungen über die nachteiligen Folgen der Serumeinspritzungen 
gesagt wird. Freilich lässt sich nicht in Abrede stellen, dass man 
auch hier und da einige Stimmen und zwar aus Krankenhäusern, 
wohin doch mehr diphtheritiskranke Kinder gebracht werden, als der 
Arzt in seiner Privatpraxis beobachten kann, sich hören lassen^ die 
der Serumbehandlung keinen bedeutenden Erfolg zuerkennen, aber 
diese Stimmen befinden sich bei weitem in der Minderheit. Durch 
diese übertriebenen, und nach meiner Ansicht ungerechtfertigten 
Lobpreisungen wird das Publikum getäuscht, und wenn wir Anhänger 
des Naturheilverfahrens zu Kindern, die sich über den Hals beklagen, 
gerufen werden, dann finden wir häufig bei den Eltern, durch Ver 
wandte und gute kluge Nachbarn beeinflusst, auch wenn sie noch so 
treue Anhänger der Naturheilmethode waren, die unverkennbare 
Neigung — meistens ist auch unter dem ersten Schrecken ein in der 
Nähe wohnender Arzt gerufen, der eine Serumeinspritzung empfohlen 
hat — es mit einer solchen versuchen zu wollen. Man kann es den 
in grosser Angst schwebenden Eltern nicht verdenken, dass sie 
schwankend werden, zumal da sie wenig von den üblen Folgen 
hören, und an uns die Frage richten, ob wir der Anwendung des 
Serums zustimmen. Durch diese Alternative werden wir in die 
grösste Verlegenheit gesetzt, denn wehe uns, wenn wir von der Ein 
spritzung abraten und der Patient stirbt; dann sind wir diejenigen, 
die durch unsern Rat, der uns nachher übel ausgelegt wird und den 
nicht Approbierten Anklagen zuziehen kann, den Tod herbeigeführt 
haben. Seit einiger Zeit habe ich nun, um mein Gewissen frei zu 
halten, folgendes Verfahren ein geschlagen, welches ich allen, die die 
Naturheilmethode ausüben, dringend empfehlen kann. In solchen 
Fällen, in welchen ich wirklich das Vorhandensein von Diphtheritis 
erkenne und in welchen ich auch nur die geringste Neigung bei den 
Eltern, mit dem Serum einen Versuch machen zu wollen, sehe, stelle 
ich die Wahl vollständig der Entscheidung der Eltern anheim. Ich 
kann nicht unterlassen, hier auch noch zu erwähnen, dass es viele 
Fälle giebt, in denen gar keine Diphtheritis vorhanden und dennoch 
von dem herbeigerufenen Arzt eine Einspritzung angeraten, ja die
	        
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