Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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nämlich der Gedärme gegen die scharfe und unangenehm sie berührende 
Säure, welche Reaktion das Bestreben veranlasst, die empfindlichen Gedärme 
von dieser Säure zu reinigen und durch Verdünnung dieselbe unschädlicher 
zu gestalten. Es ist begreiflich, dass die Gedärme eines Verdauungsleidenden 
ohnehin sehr krank sind und bei normaler Reaktion viel zu wenig Flüssig 
keit absondern, durch eine sie unangenehm und scharf berührende Säure 
bei einer falschen Diät nach und nach austrocknen. Auch begreiflich dürfte 
es sein, dass Sauerteigbrot ähnliche Wirkungen auf den Darm hervorbringt, 
als Stuhlbeförderungsmedikamente; vielleicht nur etwas milder, aber immer 
hin schädlich. — 
Es ist überhaupt höchst fehlerhaft, vermehrten und leichteren Stuhl 
bei zu trägen und stark verstopften Gedärmen dadurch hervorzubringen, dass 
man mit starken Reizmitteln die Drüsen der Gedärme zu einer vermehrten 
Elüssigkeitsabgabe zwingt, weil dann allmählich ein Austrocknen der Ge 
därme die notwendige Folge der Nachwirkung sein müsste. Dagegen soll 
die nötige Entleerung der Gedärme durch das wichtigste und natürlichste 
Auflösungsmittel, das Wasser, herbeigeführt werden. Dem Körper aber soll 
im allgemeinen und den Gedärmen im besonderen die grosse Grundflüssig 
keit der Natur und aller Organismen, das Wasser, in zweckdienlicher Menge 
zugeführt werden. Durch direkte Zuführung dieses besten und zweck- 
mässigsten Auflösungsmittels werden nicht nur die Därme von den in ihnen 
sich ansammelnden trägen Schleimmassen gereinigt, sondern die ausge 
trockneten Gefässe mit Flüssigkeit gefüllt, geschmeidiger, und einzelne abge 
storbene oder verhärtete Drüsen lebenswirksam gestaltet. Nun wollen wir 
nicht sagen, dass Brot, mit Sauerteig bereitet, auch gesunden Verdauungs 
und Abführungsorganen nachteilig sei, immer aber ist der Sauerteig ein 
Stoff, der unter Umständen schädlich werden kann, da er auf der Ver 
längerungslinie zwischen gesunden Nährstoffen und sich zu Giften gestaltenden 
Speisestoffen angetroffen wird. 
Während einer hydrotherapeutischen Behandlung soll der verdauungs 
schwache Patient nur äusserst sparsam Butter zum Brote gemessen, ein 
Missbrauch ist es entschieden, selbst Weizenmilchbrot noch mit Butter zu 
essen, während Roggenbrot eines genügsamen Butterzusatzes bedarf, wenn 
auch rohe Milch dazu getrunken wird. Magengesunde dagegen brauchen 
die Butter nicht zu meiden; denn dem Magengesunden ist, besonders in 
unserem Klima, ein mässiger Zusatz von Fett höchst bekömmlich, besonders 
im Winter. Zur Erklärung dieses Verhältnisses in der Ernährungsphysiologie 
ist zu wissen nötig, dass das Fett der wichtige Stoff zur Erhöhung der 
Körperwärme ist; denn das Fett besteht aus Wasserstoff und Kohlenstoff 
und die Wärme im Organismus wird dadurch erzeugt, dass in ihm 
Kohlenstoff durch den mittelst der Lunge und Haut eingeatmeten Sauerstoff 
oxydiert, verbrennt, worauf er durch die verschiedenen Sekretionswege als 
Kohlensäure ausgeschieden wird. Daher kommt es, dass gesunde Menschen 
weniger frösteln und frieren, weil sie mehr Fett emulsieren, als Kranke. 
Hinzu tritt ferner, dass sich Fett' aus Eiweiss und Kohlehydrate wie aus 
dem der Nahrung beigefügten Fette im lebenden Organismus zu bilden ver 
mag, dass also auch 100 g Fett, 200 g Eiweiss und 282 g Kohlehydrate 
sich gegenseitig vertreten können. Allerdings wird aus 100 g Eiweiss nur 
die Hälfte, nämlich 50 g Fett gebildet. Wenngleich stickstoffhaltige Nähr 
mittel wie Fett das Wachstum der Muskelsubstanz wesentlich unterstüzen, 
die Vermehrung der Blutkörperchen ermöglichen, was zur Rückgewinnung 
von Gesundheit und physischer Kraft sehr wesentlich mitspricht, so sind 
diese Stoffe es auch, welche die höchste Anforderung an die Muskelkraft 
des Magens beim Verdauungsakte stellen. Die Fette werden gewöhnlich 
im Magen nicht verändert, sondern durch den Pylorus in das Duodenum 
(Zwölffingerdarm) befördert, selten unter Absonderung von Fettsäuren. Hier 
im Gallendarm wird mit Hilfe des Pankreassekrets und Erguss der Galle, das 
Fett feiri verteilt, emulsiert, wobei die freien Fettsäuren alkalisch gebunden
	        
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