Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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vorausgegangenem Frost auf. Je früher es am Tage, z. B. schon de® 
Morgens kommt, um so bedenklicher ist der Zustand. Gelingt e& 
nicht, des Fiebers durch Reinigung des Blutes Herr zu werden, so 
reibt dasselbe den Kranken in Kürze auf. 
Die Atemnot, das Husten und Ausspucken schleimiger oder 
eitriger Massen sind so bekannte Erscheinungen*), dass ich darüber 
hinweggehen kann. 
Wichtig für die Angehörigen und Pfleger eines Lungenkranken 
ist die Frage der Ansteckung. Ich betrachte den unter un 
günstigen Wohnungs-, Reinlichkeits-, Licht- und 
Luftverhältnissen dahinsiechenden Lungenkranken 
als eine Gefahr für seine Familie, seine Mitbewohner, 
und damit in letzter Linie als eine Gefahr für die 
Gesellschaft. Die Verpflegung der Lungenkranken erheischt nicht 
nur um ihrer selbst willen, sondern auch im Interesse ihrer Familien 
und Mitbewohner eine gründliche Aenderung des jetzigen Gehen- und 
Geschehenlassen. Man braucht gar nicht der unbewiesenen Lehre von der 
Ansteckung durch Tuberkelbazillen huldigen, um die Forderung zu 
unterschreiben, dass jeder Lungenkranke, dem es daheim an Luft, 
Reinlichkeit und Pflege mangelt, in oflene Sommer- oder geschlossene 
Wintersanatorien untergebracht werden muss. Bedenkt man, welche 
Mengen Auswurfstoffe der Lungenkranke durch den Schweiss und 
Auswurf von sich giebt und dass in den weitaus meisten Fällen die 
elementarsten Bedingungen zur Ventilation der Krankenzimmer, zur 
Reinigung des Kranken und der Krankenwäsche fehlen und dass die 
Krankenpfleger und -Angehörige die gasigen und verstäubbaren Aus» 
wurfstoffe einatmen, ja sogar Tag und Nacht im schlecht ventilierten 
Zimmer mit dem Kranken zusammenwohnen, so ist diese Forderung 
nur zu berechtigt. Und dass die Lungenschwindsucht unter den vor 
genannten Bedingungen ansteckend ist, das beweist die tägliche Er 
fahrung, beweist das Nacherkranken ganzer Generationen, welchev 
unter den geschilderten Verhältnissen wohnen. Interessant ist in 
dieser Hinsicht die Thatsache, dass Eiterung und Gährung auch 
ohne die berüchtigten Bazillen durch stoffliche Fermente entsteht». 
(Büchner.) 
Die Behandlung Lungenkranker — also auch „Lungenkatarrh 
kranker“ — kann nicht frühzeitig genug begonnen werden. Dies gilt be 
sonders für solche, welche von lungenkranken Eltern abstammen, für 
Schmalbrüstige und Hochaufgeschossene. Schon während der Schul 
zeit muss die Tagesbeschäftigung in freier Luft ausgeführt werden 
und das Schlafen bei offenem Fenster Bedürfnis sein. Die Nahrung 
sei vorwiegend vegetarisch und nahrhaft, die körperliche Arbeits 
leistung (Turnen, Gymnastik etc.) den Körperkräften entsprechend 
eher etwas schonend als angreifend. Durch Tiefatmen und Haut 
pflege kräftige man die zwei wichtigen Thore der Ausscheidung die 
Lungen und die Haut. Die spätere Berufswahl geschehe unter Be 
achtung der im Jünglingsalter zu erwerbenden Kräftigung des& 
Körpers: Sitzende Stuben- und Werkstattbeschäftigung, staubige 
Arbeit bei Mangel an frischer Luft sind von vornherein auszu- 
schliessen. 
*) Wer sich speziell für diese Krankheit interessiert, findet die ganz® 
Symptomatik etc. in meinem Buche: „Die Lungenschwindsucht“.
	        
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