Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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hervor. In allen Füllen und Formen geht aber mehr oder minder hohes 
Fieber einher. 
Und nun zur Therapie. Da zeigt uns die Natur der Krankheit selbst 
den Heilungsweg. Mit Fieberschauern, mit Schüttelfrost setzt die Influenza 
meist ein. Der Kranke befindet sich also in einem Kältezustande. Nach 
dem Naturgesetze muss ich ihm nun Wärme zuführen, auf ihn wirken lassen. 
Thue ich so, wie die Natur es vorschreibt, ehe es in dem Körper zu weiteren 
Veränderungen und Störungen gekommen ist, so verschwindet das Kälte 
gefühl, die Störung geht vorüber und das Befinden wird wieder ein normales, 
ein gesundes. 
In unsere herrliche Naturheilmethode übersetzt heisst es: man bringe 
den Kranken in ein Halbbad von 30°—33°, selbst 34° R. von 8—15 Minuten 
Dauer mit darauf folgenden 4—ömaligen Uebergiessungen (mittels Eimer) 
von Wasser in -allmählich fallender Temperatur von 22°—14° R. 
Das heisse Wasser lockt das in den grossen inneren Gefässen sich 
stauende Blut an die Körperoberfläche. Die Blutbahnen der Haut er 
weitern sich, die Haut wird rot und voll Lebens. Unter den lauen und 
kühlen Begiessungen, unter dem Kältereize ziehen sich dann die Hautblut 
gefässe zusammen, verengern sich und drängen das Blut in das Körperinnere. 
Kurz darauf aber strömt das Blut wieder in die Haut, die Hautcapillaren 
erweitern sich und der ‘Badende empfindet an der ganzen Körperoberfläche 
wieder eine angenehme Wärme. 
Diese warmen, heissen Bäder können selbst dann angewendet werden, 
wenn wir es schon mit Fieber (38—39° C.) zu thun haben. Nur soll dann 
die Dauer des Bades auf etwa 5 Minuten verkürzt werden. 
Und dann flugs mit dem Patienten auf das in Wasser von 18°—20° R. 
getauchte, je nach der Fieberhöhe mehr oder minder ausgewrungene feuchte 
Leinen, schlage das Laken und die darüber liegende Wolldecke über den 
ganzen Körper, so dass bloss das Gesicht frei bleibt, und hülle ihn noch mit 
Betten zu. Die sogenannte Ganzpackung. 
Diese Packung soll beruhigen, kühlen, ableiten. Das kann sie nur, 
wenn man sie nicht länger liegen lässt, als sie vom Kranken angenehm 
empfunden wird. Das ist ungefähr nach erfolgter Erwärmung und leichter 
Schweissabsonderung der Fall. Bei längerem Liegenbleiben würde die 
Packung erregend, mithin schädigend wirken. Den Abschluss bildet eine 
lauwarme (20° R.) Abwaschung vom Bett aus und Abtrocknung. 
Verschlimmert sich das Befinden, kehrt das Fieber wieder, dann appli 
ziere man dem Kranken mildfeuchte Rumpfumschläge von einstündiger Dauer 
im Wechsel mit Hals- und Beinwickeln von zweistündiger Dauer. Daneben 
mache der Kranke fleissig Mund- und Nasenbäder. Bei trägem Stuhlgang 
verabreiche man laue Klystiere. Nachher kühle Bleibeldystiere. Und least 
not last beschäftige der Patient seine Muskeln, treibe Atemgymnastik, 
eventuell im Bett, aber bei offenem Fenster. Armstossen nach oben, nach 
vorne, nach unten und seitwärts, Schulterheben, Armkreisen, Tiefatmen u. s. w. 
Die Luftwege werden ja in der Regel zuerst angegriffen.. Man halte dem 
nach den Atmungsapparat in reger Thätigkeit und sorge für gute, reine Luft. 
Was die Diät anlangt, so folge man auch hier der Stimme der Natur. 
Wenn etwas im Organismus nicht in Ordnung ist, dann streiken auch die 
Verdauungswerkzeuge, die Esslust schwindet. Und durch den Appetitmangel 
giebt die Natur zu erkennen, dass sie in ihrem grossen „Reinemachen“ nicht 
gestört werden will. Es ist daher verkehrt, dem Kranken Nahrung aufzu 
drängen oder sich durch Medikamente die Essensmöglichkeit zu erzwingen. 
Zeigt sich wieder etwas Esslust, dann reiche man dem Kranken schleimige 
Suppen, Mehlsuppen, Milch, Prager’s Haferkakao, Apfelmus, Gemüse, Gries-, 
Reisspeisen u. s. w. 
Und noch einige Worte über die Verhütung (Prophylaxis). Den Arzt 
zum Gesundheitswächter, zum Gesundheitslehrer zu erheben, ist die hehre 
Aufgabe der deutschen Naturheilbewegung. Was ist denn Gesundheit?
	        
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