Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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Milch, Mehlspeisen und gutes Fleisch vermögen das Blut aufzubessern, wozu 
der in der Zeit der Mutterschaft angeregte Stoffwechsel sehr gute Gelegen 
heit giebt, daher manche Frau durch eine richtig geleitete Schwangerschaft 
und ein gleiches Wochenbett sich besser erholt, als je zuvor durch irgend 
welche Kuren. 
In ähnlichem Falle befinden sich Frauen, welche blühend aussehen, aber 
zur Korpulenz neigen. Gewöhnlich entbehren sie jedes Durstgefühl, 
wenn nicht scharf gewürzte Speisen genossen wurden. Dies sind lymphatische 
Naturen von langsamerem Stoffwechsel und daher auch phlegmatischerem Tem 
perament. Sie verwerten nur wenig Flüssigkeit. Geniessen sie deren mehr als 
nötig, so setzt sich der Ueberschuss als Fett an und die Leibesfülle wird immer 
bedenklicher. Die Wochensuppen, das Schleimtrinken ist hier nicht am Platze, 
da beides weniger der Nahrung des Säuglings zufliesst, als sich vielmehr im 
Körper der Mutter in Fett verwandelt. Solche Frauen thun besser, schon im 
Wochenbett festere Nahrung zu geniessen, da ihnen die 8—9 tägige Bettruhe 
ohnehin wenig zuträglich ist. Sie mögen nur dann etwas trinken, wenn wirk 
lich Durst vorhanden ist. 
Noch dringender geht diese Mahnung an diejenigen, bei denen sich mit 
der Korpulenz die Bleichsucht verbindet. Sie leiden oft an einem künst 
lich angewöhnten Durst, der das Hungergefühl so sehr beeinträchtigt, dass 
sie nur wenig essen nnd nichts geniessen können, wenn sie nicht dazu trinken. 
Sie müssen gegen diese ungesunde Neigung ankämpfen, sonst entwickelt 
sich ausgesprochene Fettsucht, welche sich besonders mit jedem Wochenbette 
steigert. 
Endlich ist sehr zu berücksichtigen, ob die Mutter ihr Kind selbst stillt, 
oder es aus wichtigen Gründen nicht thut. 
Ist ersteres der Fall, so muss darauf gesehen werden, dass die Milch 
alles enthält, was zum Gedeihen des Kindes nötig ist. Hat z. B. die Frau 
sich während der Schwangerschaft an eine vorwiegende Obstdiät gehalten, *) 
so muss die Nahrung jetzt reich an Knochen und Muskel bildenden Erdstoffen 
sein. Hafer, Weizenschrot, Hirse, Haide- oder Buchweizengrütze eignen sich 
für diesen Zweck am besten. In welcher Form diese Dinge genossen werden 
sollen, ergiebt sich aus den vorerwähnten Bücksichten. 
Dünnes Bier, Fleischbrühen, dünner Kaffee auch von Getreide sind sehr 
ungeeignet für diesen Zweck. Die Nahrung für den Säugling ist dadurch zwar 
reichlich vorhanden, aber zu w r ässrig und zu wenig nahrhaft. Auch die Mutter 
verdünnt durch vieles Trinken Blut und Säfte in ihrem eigenen Körper und 
neigt zur Bleichsucht. Ebenso verkehrt ist jedoch eine sehr üppige Kost bei 
kräftigen Frauen, da sie leicht dem Säugling einen Ueberschuss an Säften zu 
führen, den dieser entweder nicht verdaut, oder in Ausschlägen, Geschwüren etc. 
auskranken muss. 
Bei Frauen von trägem Darm und langsamem Stoffwechsel ist der Genuss 
von rohem Weizenschrot oder eben solcher Hafergrütze von günstiger Wirkung, 
wenn beides recht gut gekaut wird. 
Hindern irgend welche ernste Ursachen die Frau am Stillen, so muss 
auf 1—2 Tage völlig trockene Kost geboten werden, damit der Körper erst 
den Ueberschuss an Lymphe, den er mit Bücksicht auf den Säugling bildete, 
verbraucht. Bei Frauen, welche viel Nahrung haben, kann aus Nichtbeachtung 
dieser Massregel ernste Gefahr entstehen, während da, wo es überhaupt an 
Milch fehlt, keinerlei Unbequemlichkeit aus dem Nichtstillen hervorgeht. 
Es mögen hier einige Diätzettel folgen, um die im Vorhergehenden be 
sprochenen Grundsätze praktisch zu beleuchten und ihre Anwendung auf den 
einzelnen Fall klarzulegen. 
Am 1. und 2. Tage nach der Geburt dürfte die Kost ziemlich gleichmässig 
für alle sein. Erst später treten die Unterschiede hervor. 
Zunächst also: früh 1 Tasse Milch oder Schleimsuppe mit etwas Zwie- 
*) Siehe Muche-Collins: Schmerzlose Entbindung.
	        
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