Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

Gewerbe- und Wohnungshygiene. 
Barbierstuben sind in ihrer gegenwärtigen Verfassung gar oft jaU 
gefährliche Krankheitsherde zu betrachten. Wie früher schon von Lassjd 
und Eichhoff ist neuerdings von H. Berger der Nachweis geführt worden^ 
dass bei Herpes tonsurans (scheerende Eiechte, auch Bartflechte genannt) 
in 90 pCt. aller Eälle die Ansteckung in Barbierstuben erfolgte. Aber auch 
Syphilis, Tuberkulose (der Haut), Cholera und selbst Milzbrand 
werden durch Basieren und Frisieren verbreitet. Leider kommen bei dei 
Krankheitsverbreitung nicht nur die Hände des Barbiers, sondern auch Scheere, 
Messer, Serviette, Handtuch, Schwamm, Basierpinsel und Puderquaste in 
Frage. — Da von seiten der Behörden gar nichts, von seiten der Aerzte 
aber noch viel weniger zum Schutze des Publikums in dieser Beziehung 
geschieht, giebt es ’ eben nur die Selbsthilfe. Durch Belehrung und 
Aufklärung könnte schon viel geschehen, mehr noch durch Kontrolle des Publi 
kums. Die Naturheilvereine sollten den Barbieren in den betr. Ortschaften 
mitteilen, von seiten der Mitglieder würde darüber gewacht werden, dass 
nach jedesmaligem Gebrauche Scheere und Messer sorgfältig gereinigt und 
eine Peinigung der Hände vorgenommen wird. An sichtbaren Hautkrank 
heiten leidende Kunden sind entweder zurückzuweisen, oder mit eigens 
dazu bestimmten Geräten zu behandeln, hautkranke Barbiergehilfen sind 
ausser Dienst zu stellen. — Auch dann werden noch Erkrankungen Vor 
kommen, immerhin aber in beschränktem Masse, und die Naturheilverein^ 
könnten hier einen immerhin bemerkenswerten Einfluss geltend machen. Sicher 
lich werden auch vereinzelte Angriffe nicht ausbleiben, um so besser, dadurch 
werden weitere Kreise auf die Thätigkeit der Vereine aufmerksam. 
__ B. G. 
—41 Für die Frauen. 
Die Diät während des Wochenbettes. 
K. Muche, Leiterin des Sanatoriums Stolzenberg. 
Unter unseren Heilfaktoren wird der Diät noch immer zu wenig Wert 
beigelegt. Die Nahrung liefert nicht nur das Baumaterial für den Körper, 
sondern einer jeden Speise wohnt noch eine besondere physiologische Kraft 
inne — gleichsam ihre Seele —, durch welche sie arzneilich wirkt, Störungen 
im Organismus ausgleicht, Krankheitsstoffe bindet, auf löst oder ausscheiden 
hilft. Darum sollten wir diesem Teil der naturgemässen Heilweise ganz be 
sondere Sorgfalt zuwenden, weil derselbe noch in den Kinderschuhen steckt 
und ganz bedeutend ausgebaut und entwickelt werden könnte. 
Von besonderer Wichtigkeit ist ,die Diätfrage während der Zeit der 
Mutterschaft, da dann doppelte Bücksichten walten. Die Natur spricht dies 
selbst deutlich aus in den eigenartigen Gelüsten und Abneigungen während 
der Schwangerschaft, welche in abgeschwächter Form auch während des 
Stillens noch fortbestehen. Es ist eine sehr grobe und oberflächliche Auf 
fassung, wenn diese Aeusserungen des Instinktes als Launenhaftigkeit ab- 
gethan werden, anstatt der Gesetzmässigkeit, den Ursachen dieser Erschei 
nungen nachzuspüren, welche höchst individuell sind im Gegensatz zu den 
Grundsätzen der chemischen Betörte, die in grober Einseitigkeit ganz 
allgemeine Pegeln für die Ernährung aufstellt und jene feinen Unterschiede 
als Altweib er-Aberglauben verspottet. Es geziemt der Wissenschaft viel 
mehr, dem unbewussten Triebe mit dem Lichte der Vernunft scharf ins Auge 
zu leuchten, um die darin waltende Gesetzmässigkeit zu erkennen und sichere 
Pegeln aufzustellen. 
Namentlich während des Wochenbettes hat diese oberflächliche Auf 
fassung von der Bedeutung der Kost manchen Schaden gebracht, und der 
einseitigen Wein-, Eiweiss- und Fleischdiät danken wir manches Fieber,
	        
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