Gewerbe- und Wohnungshygiene.
Barbierstuben sind in ihrer gegenwärtigen Verfassung gar oft jaU
gefährliche Krankheitsherde zu betrachten. Wie früher schon von Lassjd
und Eichhoff ist neuerdings von H. Berger der Nachweis geführt worden^
dass bei Herpes tonsurans (scheerende Eiechte, auch Bartflechte genannt)
in 90 pCt. aller Eälle die Ansteckung in Barbierstuben erfolgte. Aber auch
Syphilis, Tuberkulose (der Haut), Cholera und selbst Milzbrand
werden durch Basieren und Frisieren verbreitet. Leider kommen bei dei
Krankheitsverbreitung nicht nur die Hände des Barbiers, sondern auch Scheere,
Messer, Serviette, Handtuch, Schwamm, Basierpinsel und Puderquaste in
Frage. — Da von seiten der Behörden gar nichts, von seiten der Aerzte
aber noch viel weniger zum Schutze des Publikums in dieser Beziehung
geschieht, giebt es ’ eben nur die Selbsthilfe. Durch Belehrung und
Aufklärung könnte schon viel geschehen, mehr noch durch Kontrolle des Publi
kums. Die Naturheilvereine sollten den Barbieren in den betr. Ortschaften
mitteilen, von seiten der Mitglieder würde darüber gewacht werden, dass
nach jedesmaligem Gebrauche Scheere und Messer sorgfältig gereinigt und
eine Peinigung der Hände vorgenommen wird. An sichtbaren Hautkrank
heiten leidende Kunden sind entweder zurückzuweisen, oder mit eigens
dazu bestimmten Geräten zu behandeln, hautkranke Barbiergehilfen sind
ausser Dienst zu stellen. — Auch dann werden noch Erkrankungen Vor
kommen, immerhin aber in beschränktem Masse, und die Naturheilverein^
könnten hier einen immerhin bemerkenswerten Einfluss geltend machen. Sicher
lich werden auch vereinzelte Angriffe nicht ausbleiben, um so besser, dadurch
werden weitere Kreise auf die Thätigkeit der Vereine aufmerksam.
__ B. G.
—41 Für die Frauen.
Die Diät während des Wochenbettes.
K. Muche, Leiterin des Sanatoriums Stolzenberg.
Unter unseren Heilfaktoren wird der Diät noch immer zu wenig Wert
beigelegt. Die Nahrung liefert nicht nur das Baumaterial für den Körper,
sondern einer jeden Speise wohnt noch eine besondere physiologische Kraft
inne — gleichsam ihre Seele —, durch welche sie arzneilich wirkt, Störungen
im Organismus ausgleicht, Krankheitsstoffe bindet, auf löst oder ausscheiden
hilft. Darum sollten wir diesem Teil der naturgemässen Heilweise ganz be
sondere Sorgfalt zuwenden, weil derselbe noch in den Kinderschuhen steckt
und ganz bedeutend ausgebaut und entwickelt werden könnte.
Von besonderer Wichtigkeit ist ,die Diätfrage während der Zeit der
Mutterschaft, da dann doppelte Bücksichten walten. Die Natur spricht dies
selbst deutlich aus in den eigenartigen Gelüsten und Abneigungen während
der Schwangerschaft, welche in abgeschwächter Form auch während des
Stillens noch fortbestehen. Es ist eine sehr grobe und oberflächliche Auf
fassung, wenn diese Aeusserungen des Instinktes als Launenhaftigkeit ab-
gethan werden, anstatt der Gesetzmässigkeit, den Ursachen dieser Erschei
nungen nachzuspüren, welche höchst individuell sind im Gegensatz zu den
Grundsätzen der chemischen Betörte, die in grober Einseitigkeit ganz
allgemeine Pegeln für die Ernährung aufstellt und jene feinen Unterschiede
als Altweib er-Aberglauben verspottet. Es geziemt der Wissenschaft viel
mehr, dem unbewussten Triebe mit dem Lichte der Vernunft scharf ins Auge
zu leuchten, um die darin waltende Gesetzmässigkeit zu erkennen und sichere
Pegeln aufzustellen.
Namentlich während des Wochenbettes hat diese oberflächliche Auf
fassung von der Bedeutung der Kost manchen Schaden gebracht, und der
einseitigen Wein-, Eiweiss- und Fleischdiät danken wir manches Fieber,