Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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doch übernahm ich im Yertrauen auf Gott und unsere Heilweise die 
Behandlung. 
"Statt des Eisbeutels 18° Kopfkompressen; um die Thätigkeit der 
Haut anzuregen, wurde eine 18° Ganzwaschung mit Frottierung der 
Arme und Beine vorgenommen; der Mund von Schaum und Schleim 
massen gereinigt, frisches Wasser theelöffelweise gereicht, doch brachte 
das Kind fast nichts hinunter, da, wie mir schien, auch die Schlund 
muskeln gelähmt waren; tags vorher hatte es noch ihm Dargereichtes 
geschluckt. Ich ordnete nun an, dem Kinde morgens ein 20° Ent 
leerungsklystier zu geben, nach der Entleerung, ausserdem noch 
mittags und abends, ein Behalteklystier von Mandelmilch 5 Esslöffel 
voll, diese sollten vom Darm aufgesogen werden und zur Ernährung 
dienen, ich hoffte wenigstens das Kind auf diese Weise einige Tage 
bei Kräften zu erhalten. 
Zur Ableitung vom Gehirn und Ausscheidung von Krankheits 
stoffenwurden täglich 3mal 22° 3 /4-Packungen mit 3 Dampfkruken an 
Waden und Füsse appliciert; Nackenkompressen von 15° und 18° 
Kopfkompressen in 10—15 minütlichem Wechsel. 
Die Packungen blieben so lange liegen, bis das Kind Unruhe 
zeigte, dann wurde es ausgepackt und behutsam in ein 26° Halbbad 
gebracht, dort fortwährend mit dem Badewasser übergossen, Arme 
und Beine gerieben ca. 5 Minuten lang, dann bekam es eine 18° 
Nacken- und Bückenbegiessung, wurde dann unabgetrocknet in ein 
Leintuch gewickelt und zu Bett gebracht. In den Zwischenzeiten 
wurden Hals- und Wadenpackungen angelegt, gleichzeitig auch die 
Kopfkompressen weiter appliciert. Täglich 3—4 mal liess ich den 
Mund mit Wasser reinigen. 
Am Abend des dritten Tages teilten mir die hocherfreuten 
Eltern mit, dass ihr Töchterchen etwas Milch geschluckt hätte; so- 
liess ich denn mit den Klystieren von Mandelmilch aufhören, statt 
dessen aber Wasserbehalteklystiere geben. Als Nahrung fast aus 
schliesslich Milch und Obst. 
12 Tage blieb das Kind in meiner Behandlung noch ohne Be 
wusstsein, mit der Behandlung war während dieser Zeit ruhig wie 
oben angegeben fortgefahren worden. Erst am 13. Tage kehrte auf 
einige Minuten das Bewusstsein zurück, jedoch sprechen konnte 
Patientin nicht. Von Tag zu Tag ging es nun besser, doch waren 
Arme, Beine und Nacken so steif wie ein Brett. 
Ich zeigte der Mutter wie man Arme und Beine massiere und 
wurde die Massage der Arme und Beine, so gut es ging, ausgeführt, 
später noch leichte passive Gymnastik zur Ausführung gebracht. 
Erst in der dritten Woche stellte sich die Sprache wieder ein, 
wenigstens so, dass Patientin sich verständlich machen konnte. 
Gleichzeitig zeigten sich am ganzen Körper Geschwüre, deren 
ich über Hundert gezählt habe, ein Zeichen von starker Naturkraft 
und Reaktionsfähigkeit. Hier konnte man mit Pfarrer Kneipp sagen: 
„Ein guter Wirt wirft seine Lumpen selbst hinaus.“ 
In der sechsten Woche war Patientin soweit, dass sie auf einem 
Stuhle sitzend Sonnenbäder nehmen konnte, nach acht Wochen konnte 
sie die Schule wieder besuchen und ist sie heute, wie mir der Lehrer 
versicherte, eine seiner besten Schülerinnen. In der ganzen Zeit 
nicht mehr krank, merkte man nur eine Zeit lang an dem noch etwas 
steifen Gang, was sie durchgemacht.
	        
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