Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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Zum Kampfe gegen Modegifte und 
Modeth orheiten. 
Weniger Steuern! Es kommen bei den Deutschen jetzt auf den Kopf und 
auf das Jahr 13,2 Liter Branntwein (zu 33 Proz.), 6,4 Liter Wein und 117 
Liter Bier; das macht auf den Kopf etwa eine jährliche Ausgabe von 50—60 
Mk., auf eine Durchschnittsfamilie 250—300 Mk., auf das ganze Volk gegen 
3000 Millionen Mk. das Jahr. Dazu kommt, dass die Herstellung und der 
Vertrieb dieser Getränke ein Fünfzehntel des deutschen Ackerlandes und ein 
Vierzehntel der deutschen Arbeitskraft erfordern, und danach unberechenbare 
Opfer an Gesundheit und Sittlichkeit, Arbeitskraft und Leben. „Muss man da 
nicht ausrufen: Weniger Steuern, keine Steuern mehr an den Alkohol? Sollte 
der sparsame Sinn der Politiker sich nicht gegen diese ungeheuere Ver 
seil Wendung zuerst wenden?“ (Diese Frage lesen wir in einer Flugschrift, die 
Dr. W. Bode soeben „An die Politiker“ gerichtet hat.) 
Brot und Tabak. Eine beachtenswerte Statistik über den Preis und 
Konsum von Brot ist kürzlich in England veröffentlicht worden. Im Jahre 
1895 haben die Bewohner Grossbritanniens für 825 Millionen Franken Getreide 
verbraucht. Für Tabak gab die gleiche Bevölkerung in demselben Jahre 
814 Millionen Franken aus. Demnach verausgabt England für Brot, das not 
wendigste Nahrungsmittel, nur 11 Millionen Franken mehr als für Tabak, das 
überflüssigste Genussgift. Noch schlimmer ist es in Frankreich, wo jeder Ein 
wohner durchschnittlich 830 Gramm Tabak jährlich konsumiert, während in 
England auf den Kopf „nur“ 680 Gramm kommen. 
—#1 Impf-Frage, gfc- 
Pocken im „geimpften“ Deutschland. 
1. In Bruch beiBecklinghausen i. W. sind am 2. Juni die schwarzen 
Blattern ausgebrochen. Am 3. Juni waren bereits 5 Fälle festgestellt. Am 
6. Juni hatte sich die Seuche bereits über vier Strassen verbreitet. 
2. In Bölilinghausen wurden am 3. Juni 4 Fälle von schwarzen 
Blattern festgestellt. 
3. Aus Halle a. S. wurde im April von der Leitung des diakonischen 
Hauses ein Fall von schwarzen Blattern gemeldet. 
4. In Seehausen (Kreis Wanzleben) sind (ebenfalls im April d. J.) 
die Pocken ausgebrochen. 
5. In Kirchhain, einem kleinen Städtchen an der Halle-Sorauer Bahn, 
wo viel Gerberei getrieben wird, sind die schwarzen Pocken ausgebrochen. 
Fünf Personen sind erkrankt, eine davon starb. 
6. In Berlin erkrankte ein Mitglied der Afrikanertruppe, die sich im 
Panoptikum öffentlich produzierte. 
Hier haben wir kleine lokale Pockenepidemien in 6 verschiedenen Be 
zirken inmitten einer „gut durchimpften“ Bevölkerung. Was nützt da der 
Impfschutz? Wozu sogar Impfzwang, wenn die Geimpften dennoch die Pocken 
bekommen, sobald die Seuche erscheint. Es wird doch wohl niemand behaupten 
wollen, dass die Befallenen ungeimpft waren!? Bei der Strenge, mit welcher 
die Impfung in Deutschland durchgeführt wird, ist das ganz ausgeschlossen. 
Selbst der Afrikaner war geimpft, denn die Behörden gestatten in bekannter 
Gewissenhaftigkeit keinem Impresario ungeimpfte Ausländer dem geimpften 
deutschen Publikum vorzuführen. — Uebrigens sind diese Fälle, die sich nicht 
unterdrücken liessen, eine Illustration zu dem Märchen vom pockenfreien 
Deutschland. Tausende werden alljährlich von den Blattern befallen, aber die 
Krankheit wird bei Geimpften als „Spitzblattern oder Windpocken und als 
Varioloiden“ bezeichnet und erscheint dann nicht in der Statistik. Volk und
	        
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