Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

215 
Blutleere im Gehirn entspricht. Zu diesen Beschwerden gesellen sich weiter 
hin Störungen, namentlich im Bereich der Beine, Schwellung derselben, 
Krampfaderbildung, ja sogar Venenentzündungen sind beobachtet worden. 
Um die Anstrengung des Stehens zu mildern, stützt man sich bekanntlich 
bald mehr auf das eine, bald auf das andere Bein, während man das ruhende, 
vorübergehend entlastete Bein im Knie leicht gebeugt hält, wodurch wieder 
eine ungleichmässige Blutverteilung hervorgerufen wird. Das Blut verweilt 
zw lange an einer Stelle, kehrt zu spät zum Herzen zurück und ungenügende 
Sauerstofferneuerung ist die Holge, und damit werden schliesslich Verhält 
nisse geschaffen, wie sie dem leider gerade unter den Verkäuferinnen so 
verbreiteten Krankheitsbilde der Blutarmut oder der Bleichsucht eigen 
sind. Tritt nun noch eine ungenügende hygienische Beschaffenheit der 
Geschäftsräume selbst hinzu, mangelhafte Ventilation, Staubansammlung, 
Zugluft etc., so ist der Boden für allerlei Erkrankungen, besonders die ge 
fürchtete Tuberkulose, vorbereitet. Es mag ausdrücklich darauf hingewiesen 
werden, dass gerade manche versteckt und schleichend einsetzende Tuber 
kulose lange Zeit unter dem verschwommenen Bilde einer Bleichsucht ver 
läuft. In manchen Eällen ist der übermässige Stehzwang der Anlass zu 
nervösen Beschwerden, welche mitunter einen recht beängstigenden Charakter 
zeigen. Endlich geben die Störungen des Blutkreislaufes und die mangel 
hafte Beschaffenheit des Blutes selbst Anlass zu Erkrankungen der Atmungs 
organe, insbesondere der Lungen. Sehr bezeichnend ist, dass die grosse 
Influenza-Epidemie, welche im Jahre 1889—90 den europäischen Kontinent 
heimsuchte, in Paris von einem der grösseren Kaufhäuser ihren Ausgang 
nahm. Angesichts solcher Verhältnisse wird immer wieder von neuem die 
Eorderung ausgesprochen werden müssen, dass den viel geplagten Ver 
käuferinnen ausserhalb der Zeit, in welcher sie gerade durch die Bedienung 
der Kunden in Anspruch genommen sind, ausreichend Gelegenheit zu körper 
licher Buhe gewährt werde. 
—Für die Frauen. 
Verbesserung der Frauenkleidung. 
Dr. Spener empfiehlt in der Allg. med. Centralz. folgende Beform: Die 
verbesserte. Erauenkl ei düng lässt sich in drei Schichten zerlegen. Die innerste, 
der Beinlichkeit dienende Schicht soll waschbar und einfach zu wechseln sein. 
Diesem Zwecke entspricht die „Hemdhose“, die es vermeiden lässt, dass das 
Beinkleid in der Hüfte gebunden wird, und die, wenn sie mit Falten und ge 
schlitztem Doppelschurz versehen ist, die natürlichen Verrichtungen nicht stört. 
— Die zweite, mittlere Schicht ist die des Oberkörpers und des Unterkörpers. 
Das Bumpfldeid fordert einen besonders sorgfältigen Schnitt, damit es die 
Brustdrüsen stützt, sie in gefälliger Form erhält und die Adern nicht drückt; 
auch muss es die Unterkörperkleidung mit tragen und deshalb mit breiten 
Achselbändern und in der Höhe des Hüftbeinkammes mit Knöpfen für die An 
knüpfung des Unterkörper- oder Beinkleides versehen sein. Das Bumpfkleid 
(Korsett, Taille) muss ferner dem Verlaufe der regelrechten Körperlinien ent 
sprechend seitlich einen Winkel von 165° zeigen oder in einer leicht einwärts 
konvexen Linie angefertigt sein. Die, Korsettstangen schwächen im Laufe der 
Zeit die Bückenmuskulatur, die, um jene entbehrlich zu machen, durch Turn 
übungen u. s. w. zu kräftigen ist. Die Schnürung ist bei den vorgeschlagenen 
weichen Korsetttaillen überflüssig, zumal wenn seitlich Uhrfederspiralen einge 
legt, oder wenn sie aus Trikot hergestellt werden. — Das (mittlere) Unter 
körper- oder Beinkleid soll die Stelle der üblichen Unterröcke vertreten; es ist, 
leichter und hält den Staub ab. Es wird weit und faltig und unter dem Kuh* 
mit einer weichen Schnurre versehen gedacht. Der obere Bund soll auf den
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.