Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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bleibe. Und wirklich blieb auch das Mädchen, bei welchem sich vor der 
Impfung: auch nicht die geringsten Anzeigen einer drohenden Dyphtherie ein 
gestellt hatten, von der bösartigen Krankheit verschont. Im März 1898 zog 
sich das geimpfte Kind eine ganz unbedeutende Wunde an der rechten Hand 
zu, worauf in einigen Tagen Hand und Lymphdrüsen des Oberarmes an- 
schwollen. Diese Erscheinungen und der weitere Verlauf der Krankheit deuteten 
auf eine Blutvergiftung hin. Es bildete sich ein grosser Abscess am Oberarm 
— in der Schlüsselbeingegend, dicht am rechten Oberarm war die Injektion 
vorgenommen worden — und öffnete sich erst am 15. Tage der Behandlung 
durch Arm-, Halbbäder, heisse Kompressen und Hafergrlitzverbände (bei Hitze 
laue Arm- und Leibumschläge). Ich selbst hatte meine ganze Ueberredungs- 
kunst zur Anwendung bringen müssen, damit mir nicht die Behandlung ent 
zogen wurde. Die Eltern des Kindes glaubten nicht, dass man ohne zu 
schneiden, eine hühnereigrosse, hartnäckige Geschwulst zum Aufgehen bringen 
könne, zumal von verschiedenen Seiten behauptet wurde, die Geschwulst müsse 
geschnitten werden. Gross aber war die Freude, als am 15. Tage der Be 
handlung der Abscess aufbrach und etwas Eiter entleerte. Eine abnorme Er 
scheinung des Abscesses war, dass die Eiterabsonderungen nur spärlich er 
folgten und die Heilung, d. li. das völlige Auf hören der Eiterabsonderung, 
nahezu drei weitere Wochen währte, trotz sorgfältigster Behandlung, was auf 
die Bösartigkeit des Geschwüres hin wies. 
Dieser Fall lehrt, dass es sich entweder um eine direkte Blutvergiftung 
von der Wunde ausgehend handelte, oder dass die Blutvergiftung von der 
früheren Einspritzung im Dezember 1897 herstammte. In diesem Falle hat 
sich das injizierte Diphtherie-Serum nach den Lymphdrüsen des rechten Ober 
arms, in dessen Nähe die Einspritzung vorgenommen wurde, hinbegeben, dort 
lokalisiert (eingekapselt) und ist durch die an der Hand desselben Armes zu 
gezogene Wunde aus seiner Latenz (Buhe) hervorgetreten, wie z. B. Influenza 
oder Bheumatismus nach einer Erkältung oder anderen Erregung, wodurch die 
im Organismus ruhenden krankhaften Stoffe in Gährung gebracht werden. Dass 
es sich um eine ursprüngliche Vergiftung mit Diphtherie-Serum gehandelt hat, 
wird dadurch bestätigt, dass das geimpfte Kind nicht nur nach der Einspritzung 
Schmerzen im rechten Oberarm bekam, sondern zeitweise darüber klagte. 
Gewerbe- und Wohnungshygiene. 
Hygiene der Verkäuferinnen. 
Wiederholt ist in der letzten Zeit auf die anstrengende und in mancher 
Hinsicht gesundheitsschädliche Thätigkeit unserer Verkäuferinnen hinge 
wiesen und Besserung oder Beseitigung der in Frage kommenden ungesunden 
Verhältnisse befürwortet worden. So sollte beispielsweise den Geschäfts 
inhabern nahegelegt werden, ihren Angestellten öfteres Niedersitzen und Aus 
ruhen während der Geschäftsstunden zu gestatten. 
Einen interessanten Einblick in diese Verhältnisse gewährt eine in einem 
französischen Fachblatt veröffentlichte Studie, welche im grossen und ganzen 
auch auf unsere Verhältnisse zutrifft. Vor allem weist der Verfasser auf die 
Schädigungen hin, denen die weiblichen Angestellten in den grösseren Ge 
schäften durch die andauernde stehende Haltung des Körpers ausgesetzt 
sind. Aus Schicklichkeitsgründen wird von den Verkäuferinnen verlangt, 
dass sie während der Bedienung und auch sonst sich keinerlei Bequemlich 
keit der Körperhaltung gestatten. Der Dienst wird infolgedessen ein sehr 
anstrengender, und es gehört durchaus nicht zu den Seltenheiten, dass die 
jungen Mädchen während einer zwölfstündigen Beschäftigung keinen 
Augenblick zur Buhe kommen. Am meisten leiden darunter die Unterleibs 
organe, welche schliesslich in beträchtlichem Umfange erkranken können. 
Mindestens kommt es zu erheblichen Blutstauungen, denen eine gewisse
	        
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