Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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Unterschiede im Bau der Sexualapparate — sondern auch die später 
eintretenden sekundären, welche in der Entwicklung der Stimme, der 
Brüste, des Bartes etc. gelegen sind, als auch endlich die tertiären, 
im Gemüt, Charakter, Trieben von Mann und Weib gehen aus der 
einheitlichen Uranlage hervor. Beste des anderen Geschlechts be 
hält jeder — man denke nur an die überflüssigen Brustwarzen des 
Mannes — und Abweichungen, Uebergänge sind überaus zahlreich und 
zwar um so häufiger, je später die Differenzierung eintritt, so dass 
sie am verhältnismässig seltensten in den äusseren Geschlechts Werk 
zeugen, am häufigsten in der geistigen Sphäre auftreten. 
Manches, was früher unbegreiflich schien, hat man auf diesem 
Wege verstehen gelernt und erkannt, dass viele Menschen, welche 
man als verworfen ansah, in Wirklichkeit nur von der Natur be 
nachteiligt sind. 
Noch vieles bleibt auf diesem Gebiet der Zukunft zu lichten 
übrig und ehe man daran denkt, willkürlich Knaben und Mädchen 
zu züchten, sollte man daran gehen, diese Schleier zu lüften und vor 
allen Dingen Sorge tragen für die Entstehung guter, tüchtiger, geistig 
und körperlich gesunder Menschen. 
—<$§ Heilberichte. |^— 
Eine unterbliebene Operation. 
Ich bin begeisterter und überzeugter Anhänger des Naturheilverfahrens 
und bekleide während 13 Jahren fast ununterbrochen das Amt eines Vor 
sitzenden des hiesigen Naturheil Vereins. Nun bin ich aber auch Vorsitzender 
der hiesigen gemeinsamen Ortskrankenkasse und da kommt es nun fast jede 
Woche einmal vor, dass ich mit einem heilsamen Donnerw . . .(doch pardon) 
hineinrasseln möchte in die Dummheiten der Patienten und Aerzte. 
Doch zur Sache. 
In meiner Eigenschaft als Vorsitzender der Ortskrankenkasse erhielt 
ich folgenden Brief am 26. Mai 1896. 
N , den 25. Mai 1896. 
An 
den Vorstand der Ortskrankenkasse 
zu S. 
Betreffs des Seifensiedereigehilfen Franz S. von hier, der sich seit 
25. März er. in des Unterzeichneten ärztl. Behandlung befindet, möchte ich 
dem geehrten Vorstand der Ortskrankenkasse zu S. mitteilen, dass derselbe 
seit mehreren Wochen über einen Schmerz im Leibe klagt, der angeblich 
beim Gehen ausserordentlich heftig wird und der jeder Behandlung wider 
steht. Es muss erwähnt werden, dass dieser Schmerz ungefähr 8—10 Tage 
nach Beginn der Erkrankung ganz plötzlich und ohne jede Veranlassung 
aufgetreten sein soll und zwar angeblich während Patient ganz ruhig im 
Bette lag. S. bezeichnet rechts seitlich vom Nabel eine ganz genau um 
schriebene Stelle als diejenige, die eben beim Gehen zu schmerzen beginnt, 
und er will alsdann hier jedesmal die Empfindung haben, als wenn sich ein 
fremder Körper, etwa eine Kugel, im Leibe befinde. Da sich nun von 
alledem bei den vielfach wiederholten Untersuchungen auch nicht das Ge 
ringste konstatieren lässt, der Zustand aber angeblich immer gleich bleibt, 
jedenfalls sich nicht bessert, so möchte der ergebenst Unterzeichnete dem 
sehr geehrten Vorstande empfehlen, den p. S. betreffs Untersuchung resp. 
Weiterbehandlung an einen Spezialarzt, am besten einen Chirurgen zur ver«
	        
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