Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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imstande sind, mit wohlbegründeten, allgemein verständlichen, pro 
grammartig zusammengefassten Forderungen an Staat und Gesellschaft 
heranzutreten. 
Wie lauten heute die Fundamentalsätze unseres Programms? 
Nicht zwei werden mir dieselbe Antwort geben. — Das ist ein 
grosser Fehler! — Es ist die höchste Zeit, dass wir uns aus den Fesseln 
der „Kleinarbeit“ befreien und uns zu den lichten Höhen allgemeiner 
und idealer Gesichtspunkte emporschwingen. 
Nicht heute und morgen ist eine solche Arbeit zu vollenden. 
Geben wir jedem Jahre sein Spezialthema, welches in allen Vereinen, 
in der alljährlich stattfindenden Gruppenversammlung und zuletzt 
gelegentlich der Bundesversammlung zur Verhandlung und in letzterem 
Falle bezüglich feststehender Thesen zur Beschlussfassung gelangt. 
So kann es uns allein gelingen, unsere Vereinsarbeit zu einer ziel 
bewussten einheitlichen Bestrebung zu verdichten. 
Lichtvolle Durcharbeitung gestellter Themen erfordert aber gut 
geschulte Redner. 
Mir will es heute fast scheinen, als ob wir in unserer Bewegung 
nicht allzureichlich mit dieser Spezies gesegnet seien. Vor allem 
fehlen die „Platzredner“, jene Herren, welche am Orte wohnen, die 
„Vereinsabende“ beleben und die dialektische Führung gegenüber 
lokalen Anfeindungen mit Erfolg übernehmen. Diesem Uebelstande 
vermag nur durch die Errichtung ein er Redne rbildun gs anstatt 
abgeholfen zu werden, deren Tageskurse bei ca. 14tägiger Dauer zur 
Erleichterung des Besuches abwechselnd in den verschiedensten Orten 
Deutschlands abgehalten werden. 
Die Bundeskasse besoldet die Lehrkräfte. Die Vereine gewähren 
ihrem Delegierten mässige Diäten. Wer freiwillig am Unterrichte 
sowie an den Redeübungen teilnehmen will, hat für die entstehenden 
Unkosten selbst aufzukommen. Für die zu seiner Ausbildung ver 
wendeten Gelder verpflichtet sich der Rednerscholar sowohl dem 
Bundesvorstand als auch dem betreffenden Vereinsvorstande gegen 
über nach Absolvierung des Kursus zu unentgeltlicher Abhaltung 
einiger Vorträge nach Weisung der interessierten Korporationen. So 
werden die entstandenen Unkosten nur zu verauslagten Kapitalien, 
die in Form von unbesoldeter Arbeitsleistung mit Zinseszins wieder 
zurück in die Kasse fliessen. 
Selbstverständlich hat die Ausgabe der jährlichen Arbeitsparole 
nur von einer Zentrale auszugehen. Gestatten es die Verbands 
geschäfte des Bundesvorstandes nicht auch nach dieser Richtung hin 
die Führung zu übernehmen, so wird sich leicht aus dem Kreise 
unserer Intelligenzen ein wissenschaftlicher Beirat bilden lassen. 
Geld regiert die Welt. Machen wir uns auch diese Thatsache dienst 
bar, indem wir jährlich 1000 Mk., meinetwegen 2000 Mk. als Prämie 
für die Preisbearbeitung unseres Jahresthemas ausschreiben. 
Das wird den schriftstellerischen Wettkampf mit doppelter Triebkraft 
beseelen und auch fernstehende Geistesgrössen heranziehen. Unsere 
Preisarbeiten gewinnen dadurch an Wert, an Agitationskraft und — 
für rechnende Köpfe sei es gesagt — bei buchhändlerischer Verwertung 
auch an pekuniärem Erfolg. 
So erfahren wir endlich an der Hand unumstösslicher Schluss 
folgerungen und Beschlussfassungen, was wir im Interesse der Ge-
	        
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