Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

124 
Bei der Verwendung der Ziegenmilch springen zwei Punkte be 
sonders in die Augen. Einmal ist es wissenschaftlich erwiesen, dass 
die Ziegenmilch der beste Ersatz für die Muttermilch ist, sodann 
eignet sie sich in hervorragendem Masse dazu, weil die Ziege ein 
äusserst widerstandsfähiges, reinliches, im Putter wählerisches und 
gesundes Tier ist. Bei einigermassen vernünftiger Pflege erweist sie 
sich gegen die Tuberkulose als völlig immun, während die Kühe, 
wie uns die Statistiken zeigen, bis zu 50 pCt. und darüber verseucht 
sind. Wenn nun auch, wie ich dies in früheren Artikeln schon dar- 
gethan habe, eine direkte Ansteckungsgefahr nicht vorliegt, so ist 
es doch zweifellos gesünder und appetitlicher, die Milch von einem 
gesunden, anstatt von einem kranken Tiere zu gemessen. 
In der Zusammensetzung unterscheidet sich die Ziegen- von der 
Kuhmilch wenig, erstere ist etwas fetter und enthält einen kleinen 
Bruchteil Nährsalze mehr als die Kuhmilch. Der Muttermilch steht 
sie auch mit grösserem Fett- und Nährsalzgehalt gegenüber, während 
sie an Milchzucker nachsteht. Diese kleinen Unterschiede sollen wir 
durch Zusätze auszugleichen suchen, man soll sich aber nicht des 
reinen Wassers bedienen, was Skrophulose erzeugt, sondern hat sich 
hier der oben angeführte Hafer- neben einem kleinen Zuckerzusatz 
hervorragend bewährt. Wenn wir uns den höheren Wert der Ziegen 
milch gegenüber der Kuhmilch klar machen wollen, so wollen wir 
dieses an einem Beispiel thun. Nehmen wir die gewöhnliche 
Felderbse und stellen wir der eine feine Gartenfrüherbse gegenüber. 
Die chemische Zusammensetzung beider ist eine wenig veränderte, 
und doch sind sie im Geschmack himmelweit von einander unter 
schieden. Man sieht daraus, dass es also nicht allein auf das Vor 
handensein der gleichen Grundstoffe ankommt, sondern dass doch 
noch etwas anderes mitsprechen muss. So gut wir im Fleisch, im 
Gemüse, bei gleichen Grundstoffen, himmelweite Unterschiede im Ge 
schmack haben, so gut haben wir sie in der Milch. Die Ziegenmilch 
ist hier zweifellos das edlere Material. Die die nährende Kraft zum 
grössten Teil enthaltenden Butterkügelchen finden.sich in der Ziegen 
milch in weit vollkommenerer Emulsion (Verkleinerung) und vollkommener 
Verteilung vor, als in der Kuhmilch und dürfte diesem Umstande die 
höhere Bekömmlichkeit für die Kinder zuzuschreiben sein. Wer nun 
auf Kuhmilchernährung angewiesen ist, kann dieselbe dadurch ver 
bessern, dass man Haferschleim dazwischen quirlt; dadurch wird die 
Klumpenbildung im Magen verhütet und es findet eine künstliche 
Emulsion statt. 
Der höhere Wert der Ziegenmilch geht noch aus dem Umstande 
hervor, dass eine Ziege zur Erzeugung von 1 Kilo Milch wesentlich 
mehr Nährstoffe gebraucht, sie dadurch auch konzentrierter liefert 
als die Kuh. Nachstehende Zahlen zeigen dieses; 
Nach Kühn braucht 
1 Kilo Lebendgewicht 
der Kuh: 
Trockensubstanz 
verdauliches Eiweiss 
„ Fett 
verdaul. stickstofffreie Substanz 
20.0—33,5 g 
1,5- 2,4 „ 
0,4- 0,7 „ 
12- 14 „ 
Nach Stohmann braucht 
1 Kilo Lebendgewicht 
der Ziege: 
42,3—44,7 g 
6,2- 6,8 „ 
1,3- 1,4 „ 
20,7-20,2 „ 
Die Landbewohner befinden sich gegenüber dem Städter, nament-
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.