Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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mich nun ununterbrochen von einem Augenärzte weiter behandeln, so das» 
ich bis dato volle 7 Jahre mit kürzeren Unterbrechungen in augenärztlicher 
Behandlung stehe. Anfangs dieses Jahres trat ich in Behandlung eines, 
hiesigen von Königsberg mir empfohlenen berühmten Augenarztes. Ich er 
hielt im ganzen 60 Spritzen mit Cyan-Quecksilberlösung von 1 %, abwechselnd 
den beiden Hüften injeziert. Die Kurzsichtigkeit ging auch hier merklich 
zurück, die Klarheit des Sehens im Halbdunkel steigerte sich in den ersten 
Wochen auffällig, jedoch stand es nach drei Monaten ebenso schlecht,, 
wie vor dieser ganzen Behandlungsweise. Schon mehrere Jahre war eine 
Schonung dringend geboten, da ich schon nach halbstündigem Gebrauch der 
Augen beim Lesen oder Schreiben Ermüdung, schmerzendes Brennen und 
starkes Elimmern verspürte. Wurde vom Auge eine mehrstündige ununter 
brochene Anstrengung gefordert, was besonders in meiner Examenszeit nicht 
zu vermeiden war, so dauerte es wohl Tage, bis das Auge wieder leistungs 
fähig wurde. 
Da fielen mir einzelne Bücher in die Hände, welche mit Entschiedenheit 
Front machten gegen die übliche Behandlung innerer und äusserer Krank 
heiten als vom Organismus gänzlich getrennte lokale Erkrankung. Eine 
einzige zentrale Anormalität vermag eine ganze Schar von peripheren Krank 
heiten hervorzurufen, und es wäre hohe Zeit, dem. Treiben der Spezialärzte 
Einhalt zu thun, welche an Ohren, Nase, Augen oder Hals ohne Berück 
sichtigung des G-esamtorganismus herumkurieren, als wären es selbständige 
und selbstthätige (animalische) Wesen. Die Wissenschaftlichkeit der Krank 
heitsanalyse lässt nichts zu wünschen übrig, aber die Hauptsache für den 
Leidenden, seine Heilung — zwar nur etwas Praktisches — bleibt oft genug 
aus. Was lag wohl für mich näher als der Gedanke : meine Augenkrankheit ist 
vielleicht auch keine selbständige, von anderen Krankheitserscheinungen un 
abhängige, sondern vielmehr durch letztere bedingt! Alle Verordnungen mit 
Pillen und Quecksilberinjektionen, die dem Auge unvermittelt und ohne 
weitere Berücksichtigung der quantitativen und qualitativen Beschaffenheit 
des Blutes appliziert werden, können nur Palliativwirkungen haben, da der 
Krankheitserreger nicht im Auge ausschliesslich, sondern in pathologischen 
Zuständen gewisser Organe lag, von denen ich sogleich sprechen werde. 
Wie sollte das Augenleiden gemildert oder gehoben werden, wenn der es. 
her vorrufe nde Krankheitserreger nicht in Angriff genommen wird. 
Durch ein Mitglied des Vereins für Naturheilverfahren wurde ich zu 
dem Spezialarzte für Wasserheilverfahren, Herrn Dr. Rudolph zu Danzig, 
gewiesen. Zum ersten Male wurde ich als Augenleidender von ihm unter 
sucht, besonders Lunge, Magen, Muskulatur, Nervensystem etc. Ausserdem 
war der Urin durch einen weissen zähen Schleim stark getrübt, da Eiweiss 
darin vorhanden war. Während ich von den bisherigen Aerzten mit Sublimat 
pillen bezw. Quecksilbersalbe auf Geschlechtskrankheit hin kuriert wurde r 
die nie bestanden hatte (Aderhautentzündung soll meistens Folge von 
Syphilis sein), wurden nun meine Krankheiten von diesem Arzte erkannt 
und in erster Reihe berücksichtigt. Ich leide seit Jahren an Nervosität,. 
Blutarmut und an kalten Extremitäten; ausserdem habe ich seit ca. drei 
Jahren am unteren Rückgrat und unterhalb der Kniee ein ausgeprägtes 
Kältegefühl. Meine Herzthätigkeit ist nicht normal, das Pulsieren geht 
schon bei geringer Erregung in starkes Herzklopfen über. Auch ist 
meine Magenkrankheit bis zum Beginn der Untersuchung nicht beseitigt 
gewesen (Unterleibsblähungen mit Atmungsbeschwerden treten nach ge 
nossenen Suppen und Getränken auf). Meine Blutzirkulation ist seit Jahren 
nicht normal gewesen, ständig litt ich an Blutandrang nach dem Kopfe, 
wovon auch meine fast chronische Kopfeingenommenheit Zeugnis ab 
legte. Meine Behandlung zielte nun darauf hin, regelmässige Blutzirkulation 
und das Gleichgewicht in den Blutmengen der Körperteile wieder herzu 
stellen. Durch den steten Blutandrang zu den Augenhöhlen ist die Kurz 
sichtigkeit derart gestiegen und die Aderhaut so stark angespannt, das»
	        
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