Volltext: Der Naturarzt 1898 (1898)

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Bundesblatt und betont, dass der Bund dasselbe, des rechtlichen Verhältnisses halber, 
nicht in eigene Regie nehmen könne, weil der Bund noch nicht juristische Person 
sei; worauf Herr Grothe-Wahren das sächsische Vereinsgesetz streift. — Bezüglich 
Wagner-Radebeul bringt Herr Graichen-Torgau eine Resolution ein, die jedoch als nicht 
hierher gehörig nicht zur Debatte kommt; ebenso weist man eine Aeusserung über 
den Herrn Wagner an die betr. Gruppe zurück. — Nachdem noch Herr Webers- 
Liegnitz über den Druck des „Naturarzt“ kurze Bemerkung gemacht, beschliesst man 
in Erwägung zu ziehen, ob nicht die Drucklegung des Bundes-Organs in Submission 
zu geben sei. — Auf Anregung soll jedem Verein ein Abdruck des Protokolls zuge 
sandt werden. — Herr Leube-Gera stattet im Namen der Anwesenden dem Verein 
Leipzig-West den Dank der Versammlung ab. — Schluss der Verhandlungen kurz 
nach 8 Uhr abends. 
— Protestversammlung. Der Verein Deutscher Naturärzte und Praktiker 
hatte am 7. Februar in Berlin eine grosse Protestversammlung gegen die Aufhebung 
der Kurierfreiheit einberufen. Schon vor Eröffnung der Versammlung musste der 
etwa 1500 Personen fassende Saal von Buggenhagen am Moritzplatz polizeilich 
abgesperrt werden, weil derselbe bereits überfüllt war. Mehr als 600 Personen 
mussten unverrichteter Sache an den Saalthüren umkehren. Den Vorsitz führten die 
Herren Caesar Rlian- und Carl Braun-Berlin. Die Referenten: Herr Max 
Canitz, Vorsitzender des deutschen Naturärztevereins, Herr Prof. Dr. P. Förster, 
Mitglied des Reichstages, Herr Rechtsanwalt Max Beyer und Herr Oberst 
lieutenant von Egidy hatten Referate übernommen und entledigten sich ihrer 
Aufgaben in geradezu meisterhafter Weise. Die Diskussion gestaltete sich 
ausserordentlich interessant. An derselben beteiligten sich Reinh. Gerling, 
Fricke, derVertreter desBundes homöopathischer Autodidakten, Schulze-Berlin, 
der Vorsitzende des Moabiter Naturheilvereins, Natur arzt C onr ad-Schöneberg, 
Frau Emma Helling-Berlin. Für den Aerztestand ergriff Herr Dr. Below 
das Wort, machte indessen kläglich Fiasko, da er den vorgenannten Rednern 
in keiner Weise gewachsen war. Gegen 12 Uhr nachts wurde eine von Gerling 
eingebrachte, von Prof. Förster ergänzte Resolution mit folgendem Wortlaut 
angenommen : 
Die heute im Saale von Buggenhagep tagende Versammlung von etwa 
1500 Personen erklärt, dass sie die Aufhebung der Kurierfreiheit als einen 
Rückschritt in der Kulturentwickelung und als einen Eingriff in die per 
sönliche Freiheit des deutschen Volkes ansieht und deshalb entschieden 
Protest einlegt gegen die Abänderung der Reichsgewerbeordnung. Insbe 
sondere verlangen wir volle Freiheit der Ausübung der Heilkunst und 
Freiheit der Wahl des Arztes, Einrichtung von Krankenhäusern für alle Heil 
richtungen, Freiheit der Wahl der Heilweise in den Krankenkassen, Freiheit 
von allem Zwange der persönlichen Leibes- und Krankenpflege, namentlich von 
dem Impfzwange, Umgestaltung der medizinischen Hochschulen. Endlich 
verwerfen wir die ärztlichen Ehrengerichte, wie sie jetzt gehandhabt 
werden. 
Es war eine imposante Versammlung, eine gewaltige Kundgebung des 
Volkswillens und wäre zu wünschen, dass auch in anderen Städten derartige 
Versammlungen veranstaltet würden. In Berlin findet die zweite Protestver 
sammlung am 28. März statt. 
— Aufruf! Wenigen Sterblichen war es gegönnt, zu vollbringen, was 
Vincenz Priessnitz vollbracht hat. Ueber die ganze Erde ist das von ihm 
entdeckte Heilverfahren verbreitet, von der Wissenschaft anerkannt und Tausende 
und Abertausende verdanken demselben ihre Genesung. Unter jenen, welche 
zu Wohlthätern der Menschheit geworden sind, bleibt Vincenz Priessnitz ein 
Ehrenplatz für alle Zeit gesichert. Diesem Manne in Freiwaldau-Gräfen- 
berg, seiner Geburtsstätte, ein Denkmal zu errichten, schlicht, wie es sein 
Wesen war, und doch würdig seiner Bedeutung, haben sich hervorragende Verehrer 
desselben zur Aufgabe gestellt, erfüllt von der Hoffnung, dass uns alle Freunde des 
Kaltwasserheilverfahrens werkthätig unterstützen werden. — Möge es gelingen, 
den hundertjährigen Gedenktag des im Jahre 1799 geborenen Begründers der
	        
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