Volltext: Der Naturarzt 1897 (1897)

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geht man ‘auf die Suche nach billigen Surrogaten ohne Rücksicht darauf,, 
ob das den Tieren auch ein bekömmliches Futter ist, wenn es nur seinem 
Zweck dient. 
Thatsächlich befindet sich hier die Landwirtschaft in einem ungeheueren 
Dilemna, aus dem ein Ausweg schwer zu finden ist, den wir im Nach 
stehenden aber zu zeigen versuchen werden. 
Zu diesen traurigen Thatsachen kommt der Umstand noch erschwerend 
hinzu, dass durch die Verkoppelungen die Kuh weiden grösstenteils aufge 
hoben wurden. Die Tiere sind fast durchweg jahraus, jahrein auf Stall 
fütterung angewiesen und ist hier ein sehr wunder Punkt, wo die Re 
gierungen ihr veto einlegen und an jede Dorfgemeinde das Verlangen stellen, 
sollten, auf so und so viel Haupt Rindvieh musst Du so und so viel Weiden* 
stellen. Die Haltung des Rindviehes also ganz von dem vorhandenen Weiden 
areal abhängig machen, so dass kein Gut oder keine Gemeinde mehr Rind 
vieh halten darf, wie es weiden kann. Es bilden die trotz aller Massregeln. 
immer mehr um sich greifenden Viehseuchen eine soziale Frage von sehr 
ernster Bedeutung, deren^Lösung mit allen Mitteln erstrebt werden muss. 
Ueberall trifft man schon Vereine und Genossenschaften auf der Suche 
nach den Ursachen dieser Erscheinungen. Gutachten werden eingeholt, die 
natürlich wie die Katze um den heissen Brei herumgehen, denn wenn wir 
keine Krankheiten mehr haben, brauchen wir ja auch keine Aerzte mehr. 
Das ist der zweite wunde Punkt bei der Sache. 
Wir wollen natürlich nicht den Herren Tierärzten zu nahe treten und 
behaupten, dass sie wissentlich die Sache verschleierten, aber solange eben 
jene Krankheiten die melkende Kuh für diese sind, hat die Sache immerhin 
ihre zwei Seiten und sind Bedenken gewiss nicht unberechtigt. 
Die „Molkerei-Zeitung“, Hildesheim, brachte in ihrer letzten Nummer 
folgende Notiz: 
Massregeln zur Aufklärung und Bekämpfung 
des Kälbersterbens. In der jüngsten Vorstands Sitzung des 
„Mecklenburg, patriotischen Vereins“ wurde zwecks Bekämpfung; 
des seuchenartig auftretenden Kälber Sterbens auf Antrag des Herrn 
Joh. Siedel beschlossen, eine Umfrage zur Sammlung der in dem 
Herden des Landes über diese Krankheit gemachten Beobachtungen 
zu veranstalten. Ausserdem sollen in den bevorstehenden Herbst 
versammlungen der Distrikts vereine Fragebogen, betreffend Kälber 
sterben vorgelegt werden. Ferner soll das Ministerium gebeten* 
werden, dass von den Tierärzten Berichte über ihre diesbezüglichen» 
Erfahrungen eingefordert und sorgfältige wissenschaftliche, auf 
bakteriologische Untersuchung des Kotes erkrankter und des Darm 
inhaltes erkrankter Kälber, auch des den Kühen verabreichtem 
Futters gegründete Forschungen veranstaltet werden. Die Ergeb 
nisse der Umfrage sollen dem Sonderausschuss für Tierzucht, der 
Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft, mitgeteilt werden. 
Das Vorgehen dieses Vereins ist lobenswert, aber erreichen wird er 
nicht viel, sich vielleicht noch mehr schädigen, indem die Regierung immer 
schärfere Massregeln ergreift und natürlich gar nichts damit erreicht. 
Wir wollen annehmen, es ist dieses sogar selbstverständlich, dass in 
dem Kot an Durchfall eingegangener Kälber Bakterien gefunden werden; 
was ist dann die Folge? Fis wird ein ganz zweck- und sinnloser Kampf 
gegen die Bakterien herauf beschworen, der für die Viehbesitzer eine Masse- 
Scherereien im Gefolge hat, und mit dem absolut nichts erreicht wird, denn 
die Bakterien sind nicht die Ursache des Durchfalles, sondern die Folge- 
Wer dieses beherzigt und überzeugungsvoll in sich aufnimmt, macht, 
einen Sprung, auf dem Gebiete der Viehzucht, der ihn weit vor seinen un 
gläubigen, im alten Aberglauben befangenen Genossen, vorausschreiten lässt. 
Aber wie gesagt, es muss dies mit einem hörbaren Ruck geschehen, 
man muss sagen, du willst mal allen Bombast abstreifen, willst von diesem
	        
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