Volltext: Der Naturarzt 1896 (1896)

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ihrer Rückwirkung auf die Verhältnisse der gewerblichen Arbeiter auf dem 
Lande dringend notwendig.“ 
In dem Liegnitzer Bericht wird festgestellt, dass die Müllerburschen in 
Mahlräumen schlafen und so auch selbst im Schlafe Mehlstaub einatmen. 
Noch zwei Erfolge von „Heilmitteln“. 
Von pr. Arzt Ehrlich in Neisse. 
Einen Fall von Cocainvergiftung berichtet Dr. Laaser in Inster 
burg in der „A. ra. Ctrl.-Ztg. a v. 13. November 1895. Ein seit 
16 Jahren am Ohrenfluss leidender Patient kam in L.’s Behandlung 
wegen unerträglicher Ohrenschmerzen. Nach vorausgegangener ander 
weitiger Behandlung wurden, da die heftigen Schmerzen nicht nach- 
liessen, fünf Tropfen einer 10 prozentigen Cocainlösung in den Gehör- 
gang geträufelt und letzterer mit Watte verstopft. Der Schmerz liess 
gleich nach, jedoch soll Patient gerade in dem Augenblick geschluckt 
haben und dabei ihm etwas in den Hals gedrungen sein. Nach kaum 
einer halben Stunde wurde L. zu dem Patienten in die Wohnung gerufen, 
da derselbe im Sterben liege. Er fand denselben fast leblos, von Zeit 
zu Zeit Zeichen bedeutender Herzangst, Pupillen erweitert, starr, 
Gesichtshaut blass, Gliedmassen schlaff, Haut empfindungslos, Bewusst 
sein zeitweilig getrübt, Atmung behindert, Schlucken fast unmöglich, 
im Leib ein Gefühl wie tot. Nach den verschiedenartigsten An 
wendungen und angestrengter Thätigkeit gelang es allmählich, die 
drohende Lebensgefahr zu beseitigen. 
Jedenfalls ergiebt dieser Fall wieder einmal, wie sehr selbst die 
kleinsten und anscheinend unschuldigen Gaben der Arzneimittel 
in ihrer Anwendung zu verwarfen sind. 
Ueber einen Pall von Phenacetinvergiftung wurde im Verein für 
innere Medizin in Berlin in der Sitzung vom 4. November 1895 be 
richtet. Am 31. Oktober, Vormittag, wurde in das Krankenhaus am 
Friedrichshain ein 17jähriger Buchdrucker aufgenommen. Hautfarbe 
fahlgelb, Puls sehr schwach, 134 Schläge in der Minute, unregelmässig, 
leicht unterdrückbar. Atmungszahl 34, Temperatur 38,8. Klagen 
über Kopfschmerzen, Schmerzen im Leibe, in der Lebergegend. Die 
aschgrüngelbe Hautfarbe liess an eine Vergiftung denken. Die Blut 
untersuchung ergab eine sehr starke Veränderung der roten Blut 
körperchen, sodass nach dem Befund eine Untersuchung mit einem 
sehr schweren Blutgift angenommen werden musste. Der Patient 
konnte aber nach seiner Angabe nichts anderes als Phenacetin ge 
nommen haben, wie die weitere Nachforschung auch bestätigte. 
Er hatte auf ärztliche Verordnung abends ein Gramm Phenacetin 
genommen, nachts bekam er Erbrechen, und am nächsten Morgen um 
V 2 7 Uhr sah ihn seine Mutter in einem ganz verzweifelten Zustande, 
hochgradig blausüchtig; im Laufe des Tages wich das Blau einem 
schmutzigen Gelb am ganzen Körper. 'Am Abend des nächsten Tages 
wurde der Patient in’s Krankenhaus gebracht und starb während der 
nächsten Morgenvisite. Die Sektion ergab, dass der Patient in Folge 
des Genusses des Phenacetin gestorben war.
	        
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