Volltext: Der Naturarzt 1896 (1896)

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Damit die durch das Baden dem Körper entzogene Wärme sich rasch 
wieder ersetzt, gehen jene Vorgänge, die die Wärme erzeugen, leb 
hafter als sonst vor sich, zumal in der Haut und den darunter 
liegenden Muskelschichten. Daher auch der rege Appetit nach 
dem Baden. 
Kalte Waschungen und Bäder machen die Haut blut 
reich und härten ab, vertiefen die Atmung, kräftigen die 
Nerven, regen Blutlauf uud Stoffwechsel an. 
Bei den Griechen und Römern wurde das Baden allgemein geübt. 
Die alten Deutschen badeten viel in Flüssen und Seen. Bis ins 
Mittelalter hinein hatte jede Stadt ihre Badestuben, die man wenigstens 
einmal wöchentlcih, gewöhnlich Sonnabends, besuchte. An diesem 
Tage zogen die Lehrlinge der „Bader“ durch die Strassen, schlugen 
an metallene Becken und luden zum Baden ein. Als Krieg, Pest 
und Hungersnot Deutschland verwüsteten und entvölkerten, geriet das 
Baden in Vergessenheit und noch übt man es in weiten Volkskreisen 
fast gar nicht. Die Bewohner unserer Küsten wissen wohl das Seebad, 
als Geldquelle zu schätzen, selbst zu baden aber fällt Wenigen ein. 
Der Landmann lässt sein Vieh täglich putzen. Er weiss sehr wohl,, 
dass sorgsamste Reinigung der Haut unbedingt notwendig ist für die 
Gesundheit der Tiere. Bei sich und seinen Kindern denkt er an so 
etwas nicht. Er hält das Baden für Luxus, für ein höchstens der 
Jugend erlaubtes Vergnügen. Tausende und aber Tausende in unserem 
lieben Vaterlande beschmutzen niemals reines Wasser durch Baden. 
Und was meint die „alte ehrliche Haut“ zu solcher Vernachlässigung? 
Ihre Poren verstopfen sich durch Schweiss und Schmutz; ihre Nerven 
und Blutgefässe erschlaffen, verkümmern. Sie wird welk und un- 
thätig. Die Ausdünstung stockt, die Haut vermag die Körperwärme 
nicht ausreichend zu regeln. Man „erkältet“ sich bei jeder Ge 
legenheit. Erkrankungen der inneren Organe sind die Folge.. 
Unthätige Haut und Siechtum stehen im engsten Zusammenhänge. 
Es kommt aber darauf an, dass man sich schnell wäscht,, 
vorher gleichmässig warm ist und hinterher schnell warm 
wird. Schwächliche, Blutarme und Nervöse sollten die Abwaschung- 
(und das Bad) auf die denkbar hürzeste Zeit einschränken und darauf 
achten, dass sie nachher gut warm werden (Gehen — im Notfall 
Bettruhe). Dasselbe gilt für schwächliche Kinder. 
Der der Haut anhaftende Schmutz, abfallende Oberhaut 
schüppchen und zurückbleibender Schweiss faulen leicht und bilden 
dann übelriechende Zersetzungsprodukte. Man sollte deshalb etwa 
alle 14 Tage ein warmes Bad nehmen oder den ganzen Körper kräftig 
mit warmem Wasser und Seife waschen. Den Schluss bildet ein 
flüchtiges Ueberwaschen mit kaltem Wasser, durch das die Haut zum 
Zusammenziehen veranlasst und jeder Erkältungsgefahr vorgebeugt 
wird. Im übrigen aber wende nicht zu oft Seife an. Wäscht 
man gestrichene Dielen mit Soda (Lauge), so geht die Farbe ab. 
Soda löst Fett auf. Schlechte Seifen enthalten mehr oder weniger 
Lauge, die beim Waschen die Haut ätzt und nicht nur den Schmutz 
entfernt, sondern auch das Hauttalg zerstört, das bestimmt ist, die 
Oberhaut weich und geschmeidig zu erhalten und sie gegen die Ein 
wirkung der Nässe und des Schweisses zu schützen. Die Haut wird 
infolge dessen trocken, spröde, springt auf. Daher sind die Hände raulq
	        
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