Volltext: Der Naturarzt 1896 (1896)

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dicken liess. Da rechnen der spekulative Badebesitzer und seine 
.Helfershelfer bis auf die zehnte Dezimalstelle den und jenem Heilfaktor 
■uns ihrem Wasser heraus und preisen dasselbe für alle möglichen 
Beiden an, wenn sie auch vom Gegenteil überzeugt sind, und richtig 
— die medizinische Schule autorisiert den Heiltrank. Mundus vult 
decipi, ergo decipiatur! — (Die Welt will betrogen sein — sie sei es!) 
Neben Verdauungsstörungen und Schlaflosigkeit beobachtete ich 
: in mehreren Bällen von Lungenleiden selbst bei ganz vorsichtigem 
-Gebrauch des Mineralwassers akute Lungenblutungen, so dass der 
Gebrauch des Wassers sofort ausgesetzt werden musste. Die betr. 
Patienten blieben dann ohne jede Kur und befanden sich besser als 
vorher. Und sie waren doch des Mineralbrunnens wegen in den Kurort 
geschickt! — 
Eine andere und wohl die schlimmste Seite aller Mineralwasser 
kuren ist das von den Badeärzten angeordnete sinnlose Trinken von 
Unmengen des Wassers. Wie mancher trinkt sich durch übermässige 
Flüssigkeitszufuhr sein Fettherz an und wie mancher verwässert sein 
Blut durch vieles Trinken, so dass er zu allen Erkrankungen disponiert. 
Und im Kurort wird ihm diese Schädlichkeit anbefohlen! Wie mancher 
Fettsüchtige hat (im Eldorado derselben) durch unsinnige Aufnahme 
-des gerühmten Heilwassers seinen Schlaganfall erlitten. Die armen 
Kranken laufen ja direkt in ihr Verderben. , Und das nennt sich ein 
Heilmittel? Lachen könnte man wiederum, wenn der Gegenstand 
nicht so ernst wäre. 
Um wie viel glücklicher erscheint mir derjenige, der über den 
Wust der Medikamente und Mineralwässer hinweg einer vernünftigen 
Diät und zweckentsprechenden äusseren Massnahmen das Wort redet 
und so dem Körper nicht nur nicht schadet, sondern, wie Tausende 
von Beispielen bereits beweisen, denselben der Gesundung zuführt. 
Die angeblichen Erfolge durch den Gebrauch von Mineralwässern 
beruhen meist darauf, dass der Patient unter bessere hygienische 
Verhältnisse kommt; (also mittelbar auf Massnahmen des Naturheil 
verfahrens); Beweis: die vollkommene Nutzlosigkeit der sog. häuslichen 
Mineralwasserkuren. 
Aus der Anatomie und Physiologie. 
W. Siegert. 
(Wirkung kalter Abwaschungen und Bäder. Seife, Schminken. 
Temperatur des Wassers. Baderegeln. Brausebäder. 
Wenn du im Flusse (See) badest oder dich von oben bis unten 
mit kaltem Wasser wäschst, so wird die Haut plötzlich _gekältet. 
Blutgefässe und Muskelfasern ziehen sich für kurze Zeit kräftig zu 
sammen. Wir sehen es an der Gänsehaut, die uns „überläuft“, 
fühlen, wie der ganze Körper durchzittert. Die Haut wird gewisser- 
massen zu turnen gezwungen. Uebung aber macht den Meister. Sie 
gewinnt dadurch an Spannkraft und setzt bei jedem Witterungs 
wechsel sofort und kräftig ein. Die kurze Kältung regt auch die 
Hautnerven und damit Gehirn und Bückenmark zu lebhafter Thätig- 
keit an. Während du ins Flussbad steigst, atmest du unwillkürlich 
Tief. Nach .dem Baden durchströmt dich eine angenehme Wärme.
	        
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