Volltext: Der Naturarzt 1894. (1894)

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mein ganzes Glück seit 40 Jahren meinem Aufenthalte auf dem Gräfenberge 
zu verdanken habe. Ich verstehe hierunter weit weniger die, übrigens nicht 
zu verachtende materielle, Ausbeute — sondern das spezifisch ärztliche 
Glück, indem von den mehr als 30000 rein hydropathisch von mir 
behandelten Kranken Hunderte Heilung fanden, die nach der 
medizinischen Methode nicht zu heilen gewesen wären. Aber es 
waren mir auch von der gütigen Vorsehung, wie dem großen Meister, viele 
und schwere Prüfungen Vorbehalten, die aber unter Gottes Beistand in 
glänzende Triumphe ausliefen. Doch, meine alten Finger versagen mir fast 
den Druck. Ich nehme mit dankerfülltem Herzen gegen Gott, den großen 
Meister und seine noch lebenden Angehörigen hier Abschied. . . . u 
Das schrieb der 80jährige Mann mit zitternder Hand, und nur mit 
Mühe kann man die Schriftzüge enträtseln. Aber es ist mir eine unendliche 
Seligkeit gewesen, dies thun zu dürfen. Giebt es wohl heutzutage noch eine 
echte, große, das ganze Herz wie mit Sturmgewalt erfassende Begeisterung 
für Prießnitz unter uns? Fast möchte man es bezweifeln. Ist er doch schon 
so lange tot! Und wer hat in dieser spekulationssüchtigen Zeit noch so viel 
innere Sammlung, sich um Tote zu bekümmern? Der Lebende allein hat recht! 
Jetzt aber verstehe ich die Stelle aus einem Briefe des Großherzogs 
Adolf von Luxemburg: „Seit mein Freund Schindler tot ist und nun auch 
noch der alte Pingier hinübergegangen ist, fühle ich mich recht verlassen; 
ich wüßte keinen Wasserarztj dem ich mich anyertrauen möchte — allenfalls 
Dr. Novi in Kadegund (Schüler Schindlers.)“ 
Damit soll meine kleine Studie beendet sein. Ich habe sie geschrieben: 
Den Alten zur Ehr’ — den Jungen zur Lehr’. Möchte sie in diesem Sinne 
aufgenommen werden! 
Zur „Berichtigung und Aufklärung“ in Nr. 9. 
Von Spohr, Oberst a. D. 
In dem unter vorstehendem Titel in Nr. 9 dieser Blätter ver 
öffentlichten Aufsätze habe ich mich am Schlüsse gegen die Behand 
lung von Blinddarmentzündung/ wie Gebärmutterblutungeil (unmittel 
bar nach dem Gebärakt) mit anhaltenden*) kalten Sitzbädern aus 
gesprochen. Ganz kalte Sitzbäder im Wechsel mit heißen Auflagen 
sind nach meiner Erfahrung hier am besten. Ich kann von dieser 
meiner Ansicht nach meinen langjährigen Erfahrungen nicht abgehen 
und bin und bleibe der Ueberzeugung, daß im ersten Falle milde 
Leibumschläge, deren Erwärmung, ohne daß ein eigentliches Bett 
dampfbad mit Schweißerzeugung dabei beabsichtigt wird oder ent 
steht, durch Heißwasserkrüge mit Wollein wicklung „befördert wird, 
neben milden Klystieren die wirksamsten Anwendungsformen bilden, 
daß aber im zweiten Falle Heißwasserausspülungen mit oder ohne 
Temperatur je nach Umständen den kalten Sitzbädern eines Medizinal 
rat Pingier — auch, wenn diese in manchen Fällen anscheinend 
„lebensrettend“ gewirkt haben sollten — das kann man ja von 
jedem Mittel sagen, nach welchem dauernde Besserung ein tritt — 
entschieden vorzuziehen sind. 
Wenn ich aber in dem betreffenden Artikel in einem bestimmten 
Falle den Mißerfolg der kalten Anwendungen, welche ja immer 
noch von einzelnen erfahrenen Vertretern der Medizin, wie unserer 
Heilmethode, empfohlen werden, dem autoritativen Beharren des betr. 
*) Nach den Mitteilungen des betr. Arztes wurden die qu. Sitzbäder einzeln 
nie lange ausgedehnt.
	        
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