Volltext: Der Naturarzt 1894. (1894)

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Schlafsucht, hatte auch Beläge im Halse. Die vier erkrankten Kinder 
wurden nun wieder zusammen in ein Zimmer gelegt, die Fenster ge 
öffnet, der Ofen gut geheizt. 
Am Abend dieses Tages (22. December) wurde mit den Inhalatio 
nen begonnen, dieselben von halber zu halber Stunde Tag und Nacht 
fortgesetzt, daneben erhielten die Kinder Eispillen zu schlucken. 
Mit dieser Behandlung wurde bis zu den Weihnachtsfeiertagen 
fortgefahren und befanden sich die Kinder bis dahin so munter, daß 
sogar seitens des Arztes, Dr. P., und der Pflegerinnen die Aeußerung 
fiel, „der älteste Knabe sei gerettet?. Diese anscheinende Besserung 
war aber nicht yon Bestand. Schon am 2. Weihnachtsfeiertage sah 
man sich veranlaßt, einen zweiten Arzt, Dr. Sch., zuzuziehen. Der 
selbe untersuchte die Kinder, billigte die bisherige Behandlung und 
beide Aerzte verordneten dann noch alle halbe Stunden Eismilch, so 
wie Fleischpepton in Thee oder starken Kaffee zur Kräftigung. 
Am 27. war das Fieber bei dem ältesten Knaben sehr stark, 
die Lippen waren blau, das Gemächt geschwollen. Obwohl die aus 
Schleswig-Holstein erst vor einigen Monaten nach O. verzogenen 
Eltern weder dem Naturheilverein angehörten, noch irgend einen mit 
der Naturheilkunde vertrauten Menschen kannten, entschloß sich doch 
die Mutter, auf das Drängen des Kindes selbst, Wasserumschläge um 
Hals, Gemächt, aufs Herz und um Kopf und Hände zu machen. Da 
der Knabe sich dabei wohlbefand und die Erneuerung derselben 
verlangte, fuhr die Mutter mit denselben die ganze Nacht vom 27. 
zum 28. hindurch fort. Die blaue Farbe der Lippen verschwand, die 
Geschwulst am Gemächt ging zurück. 
Donnerstag den 28. gegen 9 l / 2 Uhr kam Dr. P., mißbilligte die 
Umschläge und nahm sie ab mit den, an die Mutter gerichteten, 
Worten: „Sie verkürzen dem Kinde ja das Leben\“ Nach Fortgang 
des Arztes verlangte das Kind die Umschläge auf s neue, aber die 
Mutter getraute sich nun nicht mehr, solche anzuwenden. Nachdem 
die Umschläge einige Stunden unterblieben, kamen die blauen Lippen 
wieder und einige Stunden nachher starb das Kind. 
Für die drei anderen Kinder wurde nun am folgenden Tage 
Herr Sanitätsrat Dr. B. aus F. zugezogen. Derselbe untersuchte die 
drei Kinder und gab für das 4-, wie für das 2 ä / 4 Jahre alte das 
Urteil ab, es sei nichts mehr zu machen, die Kinder seien verloren, 
dagegen werde das 5jährige Mädchen genesen, es sei keine Diphthe- 
ritiserscheinung mehr vorhanden, Herz und Lunge seien gesund. Die 
erstgenannten Kinder starben denn auch am 29. und 30. Dezember, 
das letztgenannte aber ebenfalls am 2. Januar d. J., nachdem es noch 
zwei Stunden vor dem Tode ohne Hülfe aus dem Bett und wieder in 
dasselbe zurückgestiegen. Die Kinder starben angeblich an Blutver 
giftung. 
Das einzige überlebende 16 Monate alte Kind wurde nun aus 
dem Hause gebracht und kehrte erst 14 Tage nach der Beerdigung 
des am 2. Januar verstorbenen dorthin zurück. Als nun dessen un 
geachtet auch dieses Kind am 24. Januar erkrankte, wurde die Mutter, 
deren Geschick die innigste Teilnahme in O. erregt hatte, von einer 
Frau, die selbst ihren einzigen 10 Jahre alten blühenden Sohn unter 
allopathischer Behandlung an Diphtherie verloren, auf die Naturheil- 
kunde aufmerksam gemacht. Auf Erkundigung bei einer Dame, Mit-
	        
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