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irgend einer Schlagader zn vermeiden. Dann bewaffnete er sich mit einem
Meinen scharfen Messer und führte den chirurgischen Eingriff sicher und
geschickt aus. Verdienen solche Leute nicht, dass wir ihnen unsere Hoch
achtung beweisen? Jede freie Stunde, die ihm in seinem beschwerlichen
Berufe blieb, er hatte oft zwei bis drei Stunden zu einem Kranken zu
gehen, benutzte er, um sich bei mir Belenrung zu holen, sich im Um
gänge mit dem Mikroskop zu üben und von mir gefertigte anatomische
Präparate unter demselben zu studieren. Ja, das war ein Naturheil-
kundiger, der in seinem rastlosen Vorwärtsstreben manchen anderen weit
hinter sich'Hess. Der Mann lebt jetzt seit Jahr und Tag in einer
sächsichen Fabrikstadt. Den Einwohnern derselben können wir zu einem
solchen Vertreter unseres Heilverfahrens nur Glück wünschen. Solche Männer
arbeiten als Pioniere unserer Bewegung, ganz abgesehen von den Erfolgen,
die ihnen gehören müssen. Ich weiss, dass es ihm wiederholt gelungen
ist, Diphtheriekran]?e, die von mehreren Aerzten aufgegeben waren,noehzurettem
Wenn nun solche Fälle genügend bekannt würden, wenn jeder von
Krankheitsheilungen hören würde, wie die von mir eingangs erwähnten*
so müsste durch sie die ganze Welt bekehrt und uns zugeführt werden,
wenn die Welt eben logisch wäre. So aber hängen die Menschen amt
Trägheitsmoment. Die Unselbständigkeit weiter Kreise in ihrem Denken
bann nicht besser illustriert werden wie durch dieses förmliche Kleben
am „guten alten“, da sie doch das Bessere hören und sehen.
(Fortsetzung folgt,)
Zur Reform des Irrenwesens.
Ein Beitrag zur Behandlung Geisteskranker in Privatirrenhäusern
und zur Dringlichkeit der Reform des Irrenwesens wird aus Düsseldorf
berichtet. Nach zwölftägiger Verhandlung ist am Dienstag vor der
hiesigen Strafkammer ein Prozess zu Ende gegangen, der in mehrfacher
Hinsicht Aufsehen zu erregen geeignet ist. Dem Prozess lag folgender
Thatbestand zu Grunde: Hermann Feldmann, der Sohn einer armen
Eärberfamilie, ging nach Amerika und arbeitete sich durch eigene l£raft
rasch empor. Mitte der 50 er Jahre lernte er die Familie Broich in der
Schweiz kennen und heiratete 1862 eine Tochter dieser Familie, die
Vermögen, aber kein erhebliches besass. Im Jahre 1871 kehrte Feld
mann als nervöser, abgearbeiteter Mensch nach Europa zurück; mit
100 Thalern war er nach Amerika gegangen, und durch rastlose
Thätigkeit batte er sich über eine Million Mark Vermögen erworben.
Zwischen den Geschwistern Broich wurde 1872 ein Erbvertrag ge
schlossen, wonach Frau Feldmann 5800 Thaler erhielt. Diese Summe
legte Hermann Feldmann in seinem amerikanischen Geschäfte, dessen
stiller Teilhaber er noch gehlieben war, an. In den Jahren 1880 und
1881 hatte Feldmann einen Anfall von Melancholie, und diese Krankheit
wurde so stark, dass er sich auf ärztliches Anraten in die Irrenanstalt
Grafenberg begab. Dieser Schritt sollte für Hermann Feldmann sehr
verhängnisvoll werden. Nachdem er bis zum Herbst 1883 in der Anstalt
Grafenberg geweilt, kehrte er in sein Haus in Düsseldorf zurück, wurde
nach einem Tobsuchtsanfall im Januar 1884 wieder nach Grafenberg ge
bracht und später nach Andernach und dann nach Düren übergeführt.
Aus der Anstalt in Düren entwischte er im Jahre 1885 und floh nach