Volltext: Der Naturarzt 1894. (1894)

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erkennen, dass bei einem Erwachsenen durch Lungen und Haut täglich 
mehrere Pfund Wasser abgesondert werden, und dass die Kohlensäure, 
die bei der inneren Verbrennung entsteht, in 24 Stunden so viel ausmacht, 
wie man beim Verbrennen von fast 2 Pfund Kohle (800 g) erhalten 
würde. 
Wie sich der Stoffwechsel im einzelnen vollzieht, ist nicht völlig 
erforscht. Die bedeutendsten Gelehrten müssen in Bezug auf viele Vor 
gänge bekennen: „Wir Wissens nicht!“ Woher die treibende Kraft 
kommt — wer wollte es ergründen! „Die letzte Ursache liegt jenseits 
der Grenzen, die der menschliche Geist zu durchdringen vermag“ (Hyrtl). 
Der Stoffwechsel erfordert Vorrichtungen zum Erlangen der nötigen 
Nahrung: wir besitzen zu diesem Zwecke. Knochen, Muskeln und 
Sinnesorgane. Andere Einrichtungen sind notwendig, um aus den 
aufgenommenen Nahrungsmitteln diejenigen Stoffe auszuziehen, die den 
Körper aufbauen, um diese Nährstoffe aufzunehmen und in Baumaterial 
nmzuwandeln (zu assimilieren) und dieses in alle Teile des Körpers zu 
befördern: die Organe der Verdauung, der Assimilation und des 
Blutlaufs. Wieder andere haben das Blut von den Stgff Wechselprodukten 
zu reinigen: dazu gehören die Lungen, die Haut, die Nieren. Dieses 
ganze, ausserordentlich zusammengesetzte Getriebe will bis ins Kleinste 
und Einzelnste gelenkt, geordnet werden: dazu bedürfen wir der Nerven. 
So verschiedenartig die Thätigkeit der einzelnen Organe des Kör 
pers ist, so verschieden ist auch ihr äusseres Aussehen. Das Gehirn, 
das die feinsten Arbeiten zu verrichten hat, ist zerfliesslich weich; die 
Muskeln (das Fleisch), die sich kraftvoll zusammenziehen müssen, sind 
derb, die schützenden und stützenden Knochen hart; den Zahnschmelz, 
der nicht selten „harte Nüsse“ zu knacken bekommt, vermögen die besten 
Feilen kaum anzugreifen. Kein Mensch würde ohne weiteres auf den 
Gedanken kommen, dass alle diese nach Form, Farbe, Festigkeit etc. so 
verschiedenen „Gewebe“ aus denselben Bausteinen geformt sind: aus 
winzig kleinen, nur durch das Mikroskop erkennbaren Zellen. Dass 
die in ihrer äusseren Form so verschieden aussehenden Teile eines aus 
gedehnten Gebäudes, einer Fabrik z. B., grösstenteils aus demselben 
Materiale, aus Ziegelsteinen, hergestellt sind, weiss jedes Kind; es kann 
sehen, wie der Bau entsteht. Unseren Körper aber sieht niemand in 
seinen einzelnen Teilen entstehen, werden, sich fortdauernd umwandeln. 
Kein Wunder, dass man ungläubigen Mienen begegnet, wenn man erzählt, 
dass das weiche Gehirn, die festen Knochen, die Haare und Nägel, kurz 
alle Teile des Körpers aus genau denselben Bausteinen geformt sind, 
dass unser Körper nur aus Millionen von Zellen, Teilen und Besten der 
selben besteht. Und doch ist es so. Das Mikroskop zeigte uns dieses 
Wunder. 
Wenn Du einen Wassertropfen durch das Mikroskop anschaust, so 
wirst Du erstaunen über das reiche Leben auf winzigem Baume. Eine 
Unzahl Tiere huschen hin und her. Du kannst sie durch und durch 
schauen, so zart sind sie. Betrachtest Du eins genauer, so bemerkst Du, 
dass es fortwährend seine Gestalt verändert: bald schiebt sich hier eine 
Spitze vor, wie das Auge einer Schnecke, bald fliesst dort ein breiter 
Fortsatz aus, um ein winziges Tierchen oder eine kleine Alge zu fangen, 
zu umfassen, zu verzehren; bald sieht das Tierchen wie eine Kugel aus, 
bald erscheint es eckig, bald glatt, bald voller Fortsätze (Fig. 1). Hier 
und da bildet das Tierchen Hohlräume, in denen kleinste Lebewesen ver-
	        
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