Die nächste Prüfungskommission
wird in den ersten Tagen des April d. I. in Berlin zusammentreten.
Die Anmeldung zur Prüfung hat bis 1. Februar bei uns zu geschehen. Mit der
Anmeldung hat jeder Prüfling einzureichen:
1. ein Führungszeugnis von seiner Orlsbehörde;
2. eine Beschreibung seines Lebenslaufes, aus welcher u. a. auch der Bildungs
gang zu ersehen ist;
3. das Zeugnis einer Naturheilanstalt, daß der Anmeldende mindestens acht
Wochen an derselben thätig gewesen ist. (In besonderen Fällen würde von dieser letzteren
Bestimmung Abstand genommen werden können.)
Personen unter 25 Jahren werden nicht zur Prüfung zugelassen.
Jedem Prüflinge wird 6 Wochen vor der Prüfung von der Prüfungskommission ein
Thema übermittelt, welches derselbe selbständig schriftlich bearb-itet und 14 Tage vor der
Prüfung einreicht. Bei dieser Einreichung hat derselbe diejenigeu Werke anzugeben, aus denen
er sein theoretisches Wissen vorzugsweise geschöpft, und eine schriftliche Erklärung auf Ehren
wort abzugeben, daß er die Arbeit ohne sonstige Beihilfe verfaßt hat.
Bei Einreichung seiner schriftlichen Arbeit hat der Prüfling das Prüfungshonorar im
Betrage von Mk. 30,— einzuzahlen.
Die mündliche Prüfung erstreckt sich:
a) auf die Ortskenntnis der menschlichen Organe (Topographische Anatomie);
b) auf die Lthre vom gesunden Körper und den Thätigkeiten seiner Organe (Anthro
pologie und Physiologie);
e) auf die Lehre von den Erkrankungen des Organismus (Pathologische Anthropologie);
d) aus die Theorie und praktische Anwendung der Naturheilmethode, auf Diätetik
bezw. Gesundheilslehre und die erste Hülfe in Unglückssällen (Samariterdienst).
Die Namen derjenigen, welche die Prüfung mit Erfolg bestanden haben, werden im
„Naturarzt" sofort veröffentlicht.
Der Vorstand
des Deutschen Bundes d. Vereine f. Gesundheitspflege u. f. arzneil. Heilweise.
Schmeidel, Vorsitzender. Braun, Richter, Dr. med. Schulze, Siegert.
Zur Beachtung empfohlen.
Denjenigen, welche sich als praktizierende Vertreter der Naturheilkunde*)
ausbilden wollen, kann nicht oft genug ans Herz gelegt werden, daß sie sich mit der Anatomie,
Physiologie und allgemeinen Pathologie**) vertraut machen, ehe sie sich zu ihrer praktischen Aus-
blldung in eine Natur Heilanstalt begeben. Manche glauben, daß man alle diese Kenntnisse am
besten in einer Naturheilanstalt erlangen könne. Sie werden wenig Nutzen von einem solchen
Verfahren haben, denn wenn sie erst einmal den Reiz der praktischen Thätigkeit kennen ge
lernt haben, dann werden sie wenig Zeit und Geschmack zu und an dem Studium der nüch
ternen Wissenschaften finden. Sie werden also ihren Zweck gänzlich verfehlen; denn wer nicht
mit diesen Vorkenntniffen ausgerüstet an das Krankenbett tritt, wird, weil er vieles nicht ver
steht und begreift, das gewünschte Ziel nicht erreichen.
Manche glauben sogar, daß man durch einen halbjährigen, ja selbst nur vierteljähri
gen, Aufenthalt in einer Naturheilanstalt sich die nötigen Kenntnisse erwerben könne. Für
einen, der mit guten Vorkenntniffen in den obengenanten Wissenschaften versehen ist, würde
ein halbjähriger Aufenthalt in einer Naturheilanstalt allenfalls genügen; es muß aber voraus
gesetzt werden, daß der Leiter der Naturheilanstalt die Studierenden nicht blos die Patienten
in derselben behandeln läßt, sondern ihnen auch den Zutritt zu seiner Sprechstunde so viel
wie möglich gewährt und sie in seine Privatpraxis einführt, was durchaus notwendig ist, da
sie in dieser Gelegenheit haben werden, akute Krankheiten zu sehen und eventl. zu behandeln,
was ihnen in den Naturheilanstalten selten geboten wird. Dr. med. Schulze.
*) Dies ist die richtige Bezeichnung tns Standes, deren sich diejenigen, welche sich mit der
praktischen Ausübung der Naturheilkunde beschäftigen, von jetzt an bedienen sollten, wenn sie nicht
mit der Staatsanwaltschaft wegen Anmaßung eines das Publikum täuschenden Titels in Konflikt
geraten wollen. Es sind nämlich in der letzten Zeit einige Herren bestraft worden, weil sie
sich „Naturärzte", oder „ärztliche Leiter eines Kurbades", oder „ärztlich geprüfte Vertreter der
Naturhnlkunde" genannt haben. Daher hüte man sich vor Schaden.
**) Wir empfehlen denjenigen, welche sich in Universitätsstädten aushalten, Vorlesun
gen zu hören. Zum Selbststudium eignen sich im besonderen folgende Bücher:
Bock: Der gejunde und kranke Mensch. Reclam: Der Leib des Menschen. Ranke:
Der Mensch. Sieg ert: Die Naturheilkunde in ihren Anwendungsformen. Rausse's
Schriften, besonders Anleitun g zur Ausüb ung des Wasserheilverfahrens. Munde:
Hydrotheropie. Esmarch: Erste Hülfe bei Unglückssällen.